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american pieKampf der Center im NBA-Finale

Keine Spielchen mit Mutombo

They caught the last train for the coast

Es ist jedes Jahr das Gleiche: Shaquille O’Neal ist beleidigt. War es in den NBA-Playoffs der vergangenen Saison vor allem Portlands Arvidas Sabonis, der den Zorn des Centers der Los Angeles Lakers auf sich zog, ist es diesmal im Finale gegen die Philadelphia 76ers Dikembe Mutombo. Wenn die beiden Riesen heute Abend beim vierten Spiel der Best-of-seven-Serie aufeinander treffen, wird die Luft im First Union Center von Philadelphia brennen. Genügend aufgeheizt wurde sie von Shaq und Mutombo in den letzten beiden Tagen.

Gestartet werden derartige Fehden stets von O’Neal, der es hasst, wenn ihm jemand Paroli bietet. Seine Methode ist es, in brachialer Macho-Rhetorik dem Kontrahenten Feigheit vorzuwerfen. „Es ist traurig, dass die Blazers niemanden haben, der es allein mit mir aufnimmt“, schmähte er Sabonis, weil dem gelegentlich ein Teamkollege zu Hilfe kam. Mutombo hielt er, nachdem Shaq in Spiel 3 das Feld vorzeitig mit sechs Fouls verlassen musste, entgegen: „Er soll spielen wie ein Mann und nicht immer so greinen.“ Mutombo, so der Vorwurf, lasse sich absichtlich fallen, um ihm Fouls anzuhängen.

Davon war der Mann aus dem Kongo bisher weit entfernt. Wenn er durch die Zone unter dem Korb taumelte, dann war dies stets einem Körperkontakt der heftigeren Art mit Shaq geschuldet. „Ich darf mich drehen, ich darf kraftvoll spielen, ich darf mächtig sein“, beharrt O’Neal. Was er jedoch nicht darf und dennoch tut, ist, seine Schulter dem Gegner vor die Brust zu rammen, ihn mit dem Arm aus dem Weg zu räumen oder ihn beim Rebound von hinten niederzudrücken. Zwar setzt die NBA in den Finals ihre erfahrensten Referees ein, doch diese sind oft genau das Problem, weil sie dazu neigen, die alten Superstars zu bevorteilen. Das bekam Dirk Nowitzki zu spüren, der in einem Spiel gegen Utah vier Fouls für bloßes Herumstehen bekam, während Karl Malone und John Stockton machen konnten, was sie wollten. Das bekommt auch Allen Iverson von den 76ers zu spüren. Wenn ein Michael Jordan zum Korb zog und nicht traf, erhielt er quasi automatisch Freiwürfe, weil etwas anderes als ein Foul kaum denkbar war. Der ungeliebte Emporkömmling aus Philadelphia genießt diesen Respekt noch nicht und hatte, obwohl ständig gehalten und gesperrt, in den Partien gegen die Lakers große Schwierigkeiten, an die Freiwurflinie zu gelangen.

Sicher ist: Ein Sabonis stünde mit einer ähnlichen Spielweise wie Shaquille O’Neal keine zehn Minuten auf dem Platz. Bei Shaq begannen die Referees in Spiel drei erst in der zweiten Halbzeit damit, genauer hinzusehen und Offensivfouls zu pfeifen, zwei davon binnen 15 Sekunden an Mutombo verübt. Der Sixers-Center, der O’Neal nach dessen Äußerungen zunächst noch als Freund bezeichnet hatte, fand am nächsten Tag stärkere Worte. „Manchmal verliert man Freunde in der Mitte einer Schlacht“, sagte er und schwor: „Ich lasse mich nicht fallen. Dafür war ich noch nie bekannt.“

Für Mutombos Teamkollegen liegt der Unmut des Lakers-Centers an den Schwierigkeiten, die ihm der 2,18 m-Mann bereitet. „Habt ihr die anderen Center gegen ihn gesehen?“, spielt Aaron McKie auf die Art an, in der O’Neal zuvor mit Sacramentos Vlade Divac oder San Antonios David Robinson umgesprungen war. „Das war doch wie ein Spaziergang durch einen Kuchen für ihn“, ergänzt Mutombo. Zwar hat Shaq auch gegen die Sixers mit im Schnitt 34 Punkten, 17,3 Rebounds und 5,3 Assists imposante Zahlen erreicht, vieles gelang jedoch, wenn Mutombo auf der Bank saß, und gerade in entscheidenden Momenten war O’Neal oft kein Faktor.

Dennoch führen die Lakers in der Serie mit 2:1, ein weiterer Sieg im heutigen Spiel wäre schon mehr als eine Vorentscheidung. Interessant wird sein, wie sich die Kontroverse der Giganten auf die Schiedsrichter auswirkt, auf die sie zu einem gut Teil abzielt. An der Spielweise von Dikembe Mutombo, daran lässt dieser keinen Zweifel, wird sich nichts ändern. „Ich hoffe, er versucht keine psychologischen Spielchen mit Mutombo“, sagt Mutombo, „niemand treibt Spielchen mit Mutombo. Das funktioniert nicht.“ MATTI LIESKE

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