american pie: „Girls of Summer“ steigern ihre Popularität
Die wilde Zeit der Körbe und Tore
Mehr als hundert Jahre lang waren die „Boys of summer“ die unumschränkten sportlichen Herrscher der Sommermonate in den USA. Während die anderen großen Ligen pausierten, gehörten die Stadien und Sportseiten den Baseballspielern. An der Dominanz der Sommerburschen hat sich nichts geändert, doch sie haben Gesellschaft bekommen. „Wie sind wir bloß ohne das angespannte Gesicht von Teresa Weatherspoon oder das überschäumende Temperament von Tiffeny Milbrett ausgekommen“, fragt die New York Times und feiert die Saison der Fußball-Liga WUSA und der Basketball-Liga WNBA als „kurz und wild, wie die Tomatensaison in Minnesota“.
Tiffeny Milbrett ist der Star der New York Power und wurde gerade zur besten Spielerin der ersten WUSA-Saison gewählt, Teresa Weatherspoon ist die Spielmacherin des WNBA-Vertreters New York Liberty. Dass beide Teams in ihren jeweiligen Halbfinals ausschieden, versetzte der Begeisterung für die „Girls of Summer“ in New York zwar einen Dämpfer, dennoch blicken beide Ligen auf erfolgreiche Wochen zurück.
Dies gilt vor allem für die WUSA, deren erster Meister am vergangenen Samstag die Bay Area CyberRays aus dem kalifornischen San José in einem packenden Endspiel gegen Atlanta Beat wurden. 21.078 Zuschauer sahen im Bostoner Foxboro-Stadion drei Tore in der ersten Viertelstunde, was besonders wichtig in Hinblick auf das Fernsehpublikum war, das Fußball noch immer als sehr ereignisarmen Sport begreift. Das Match endete 3:3, erst kurz vor Schluss glichen die CyberRays aus und siegten nach torloser Verlängerung im Elfmeterschießen. „Ich glaube, niemand hat den Kanal gewechselt“, sagte Brandi Chastain, Weltmeisterin im Team von San José, „es passierte eine großartige Sache nach der anderen.“
Tony DiCicco, einst Trainer des US-Teams, jetzt Direktor der WUSA, erinnert sich noch gut, wie nach dem WM-Gewinn 1991 drei Fans am Flughafen in New York warteten. Jetzt wurden sogar die Halbfinalverlierer der New York Power von einer beachtlichen Menge bejubelt, als sie aus San José zurückkehrten. Im zweiten Halbfinale hatte sich Atlanta gegen Philadelphia durchgesetzt, das Team von Doris Fitschen, die zur besten Abwehrspielerin der Liga gewählt wurde. Der Zuschauerschnitt der WUSA lag mit 8.200 über den Erwartungen und DiCicco blickt optimistisch in die Zukunft: „Wir haben etwas, das vermarktbar ist, und unsere Investoren sehen das.“
In einer anderen Situation ist die von der NBA gegründete WNBA, die sich schon am Ende ihrer fünften Saison befindet. Die Start-up-Phase ist vorbei, es geht um Konsolidierung und die Schaffung neuer Reize. Insofern sind erst einmal alle froh, dass die Alleinherrschaft der Houston Comets, Dauermeister der ersten vier Jahre, gebrochen ist. Ohne ihre Stars Cynthia Cooper (Karriere beendet) und Sheryl Swoopes (verletzt) verloren die Comets im Viertelfinale gegen die Los Angeles Sparks mit Superstar Lisa Leslie, die erstmals zur besten Spielerin der Liga gewählt wurde. Mit 35 Punkten und 16 Rebounds entschied Leslie am Montag vor den Augen der Lakers-Stars Shaquille O’Neal und Derek Fisher, die Trikots mit Leslies Namenszug trugen, auch das Halbfinale gegen die Sacramento Monarchs zugunsten der Sparks. Mit einem 93:62 im dritten Spiel zogen sie in die morgen beginnenden Endspiele ein.
Das Traumfinale gegen New York Liberty, das Team mit den heißesten Fans, verhinderten aber die Charlotte Sting. Vor 14.006 entsetzten Zuschauern im Madison Square Garden verloren die Gastgeberinnen in einem Match, welches das genaue Gegenteil der Lisa-Leslie-Show von Los Angeles war, mit 44:48. „Ein schmutziges und hartes Spiel“, sagte Charlottes Allison Feaster und Liberty-Coach Rick Adubato, einst auch im Trainerstab der New York Knicks, meinte nur: „Ein schlimmer Abend für uns.“
Klarer Favorit für die maximal drei Spiele der Finalserie sind die Los Angeles Sparks: „Das war ein hoher Berg, den wir erklommen haben“, sagte Lisa Leslie, die aus dem zweiten Spiel gegen Sacramento eine aufgeplatzte Lippe, ein blaues Auge und eine geschwollene Nase als Andenken mitbekam, „aber wir sind noch nicht dort, wo wir hinwollen.“ Coach Michael Cooper, mit den Lakers fünfmal NBA-Champion, erinnert sich derweil an einen der vielen Sinnsprüche eines früheren Trainers: „Wie Pat Riley immer sagte: ‚Nutze die Gunst des Augenblicks‘. Und dieser Augenblick kommt für uns ziemlich bald.“ MATTI LIESKE
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