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Archiv-Artikel

Zyperntürkische Sieger ohne Mehrheit

Bei den Parlamentswahlen in der „Türkischen Republik Nordzypern“ erreicht die linke Opposition mehr als 50 Prozent, kann aber keine Regierung bilden. Das Patt macht Hoffnungen auf raschen EU-Beitritt und Wiedervereinigung der Insel zunichte

AUS NIKOSIA KLAUS HILLENBRAND

Die Opposition unter den türkischen Zyprioten hat die Parlamentswahlen vom Sonntag klar gewonnen – doch es mag keine ungeteilte Freude aufkommen. Denn obwohl die drei in einem Bündnis vereinten Parteien für einen EU-Beitritt und die Gründung eines gemeinsamen Staats mit den Zyperngriechen mehr als 50 Prozent der Stimmen erreicht haben, können sie keine Regierung bilden. Weil die liberale Zypernlösungs- und EU-Partei des Handelskammerchefs Ali Erel an der Fünfprozenthürde scheiterte sowie wegen des komplizierten Wahlsystems entsteht im küftigen Parlament Nordzyperns ein Patt. Friedensbefürworter und Nationalisten kommen auf je 25 Sitze. Islamistische Parteien spielten unter den traditionell laizistisch eingestellten Zyperntürken keine Rolle.

Wahlsieger Mehmet Ali Talat, dessen linke Türkisch-Republikanische Partei mit über 35 Prozent erstmals stärkste Kraft wurde, machte gestern gegenüber der taz die „Desinformationskampagne“ der Nationalisten dafür verantwortlich, dass die Opposition keine eigene Mehrheit erhielt. Die große Zahl von Leihstimmen, die Denktasch durch den Import türkischer Immigranten für seine Parteien gewonnen haben dürfte, nannte er „nicht wahlentscheidend“.

Ursprünglich wollte die Opposition Präsident Rauf Denktasch das Verhandlungsmandat für die Zypern-Gespräche entziehen, um eine schnelle Lösung mit den Zyperngriechen zu finden und zum 1. Mai 2004 mit diesen der EU beizutreten. Das dürfte jetzt unmöglich sein. Andererseits hatte Talat vor der Wahl eine Koalition mit einer der beiden nationalistischen Parteien abgelehnt.

Denktasch und sein jetztiger Premier Dervis Eroglu brachten Neuwahlen ins Spiel für den Fall, dass innerhalb der nächsten zwei Monate keine Regierung gebildet werden kann. Das lehnte Talat ab. Man müsse das Votum des Volkes respektieren, betonte er. Denktasch wiederholte auf einer Pressekonferenz seine Vorbehalte gegen den UN-Plan zur Überwindung des Zypern-Konflikts, anerkannte aber an, dass sich die Hälfte der Bevölkerung für eine schnelle Lösung ausgesprochen habe. „Leider bin ich noch zwei Jahre im Amt“, sagte Denktasch bezogen auf seine Ablehnung eines gemeinsamen Bundesstaats für Zypern.

Die Wahlen galten als Referendum der Zyperntürken über die EU-Mitgliedschaft und eine Zypern-Lösung. Da eine Regierungsbildung jetzt schwierig bis unmöglich wird, ist nicht damit zu rechnen, dass sich die Zyperntürken in der nur von Ankara anerkannten „Türkischen Republik Nordzypern“ dem Beitritt der griechisch dominierten Republik Zypern anschließen können.

Deren RegierungssprecherKypros Chrysostomides betonte gegenüber der taz die Bereitschaft zu sofortigen Verhandlungen. Zugleich machte er die Türkei, die 35.000 Soldaten im Norden stationiert hat, für den Stillstand verantwortlich. Das Wahlergebnis bezeichnete er als „eine Nachricht an die Türkei, dass diese ihre Position ändern muss“.

Die EU-Kommission in Brüssel nannte die Wahlen ein Zeichen für den Willen der Zyperntürken, eine Lösung für Zypern zu erreichen und der EU beizutreten. Die EU hatte bekräftigt, dass eine Einigung auf Zypern eine Voraussetzung für den Beginn von Beitrittsgesprächen mit der Türkei ist, obwohl die Insel in den „Kopenhagener Kriterien“ für Ankara nicht genannt wird. Dezember 2004 soll über Beitrittsgespräche entschieden werden. Spätestens dann müsste eine Zypern-Lösung auf den Weg gebracht sein, sollte Ankara seine EU-Aspirationen verwirklichen wollen. Ankara erklärte, zunächst nur das Wahlergebnis anzuerkennen.

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