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Zynismus

■ betr.: "Klarstellung" der Schering-Öffentlichkeitsarbeiter G. Spanier und L. Hahn zum taz-Artikel "Schering-Streik nach Fuji-Schock", taz vom 21.9.90

betr.: „Klarstellung“ der Schering-Öffentlichkeitsarbeiter G.Spanier und L.Hahn zum taz- Artikel „Schering-Streik nach Fuji-Schock“, taz vom 21.9.90

Manchmal ist es geradezu erfreulich, welch klare Worte auch heute noch im Zeitalter der post-industriellen Aussöhnung gewisse Vertreter der Industrie für ihr Handeln finden. [...]

Die offensichtlichen Zynismen ihres Schreibwerks liegen auf der Hand. Dort avancieren die Schering- Arbeiter flugs zu potentiellen „Höchstverdienern“ ihres Gewerbes (wobei wohl darauf spekuliert wird, daß sich 2,4 Millionen (Intis wohlgemerkt) nach mehr als sieben (US-Dollar) anhören, denen allein die Gewerkschaften im Wege stehen, weil diese tatsächlich so vermessen sind, ein europäisches Lohnniveau einzuklagen. Die Welt steht Kopf. Daß die sogenannten Sonderleistungen, in deren Genuß die Arbeiter kommen, nur wenige betreffen und zum Teil nichts anderes sind als Bezahlung in Naturalien wurde bereits von der Redaktion angemerkt. Auch der Verweis auf die Lösung mit dem peruanischen Arbeitsministerium, einem Vertreter des Staates, der das Ausnahmerecht mit allen militärischen Konsequenzen deklariert hat, entbehrt nicht eines knallharten Zynismus.

Welche „Rechte“ lohnabhängige Personen in Peru überhaupt haben, einem Staat, in dem sich seit nunmehr über 20 Jahren wirtschaftliche Krisen die Hand geben, in dem sich mittlerweile an die 70 Prozent der Bevölkerung in den pueblos jovenes, der euphemistischen Variante der Slums, drängen und in dem nicht zuletzt jegliche staatliche Sozialpolitik unter Verweis auf leere Kassen aber auch auf die Illegalität dieser pueblos abgewiesen wird, läßt sich schwer erkennen. Jeglicher Versuch der Arbeiter, sich für Verbesserungen ihres Lebensstatus einzusetzen, stellt eine völlige Gefährdung ihres und ihrer Familien Überleben dar. Nicht umsonst werden heute bei bestimmten Hilfsorganisationen, die sonst sehr kritisch gegenüber solchen Nahrungsmittellieferungen sind, Hungerhilfsprogramme für Peru diskutiert. Nicht viel Zeit bleibt Peru, das am Rande der Katastrophe steht, eventuell sogar zu wenig, um sich vielleicht einmal tatkräftig mit den Zahlenspielereien einiger profitorientierter Technokraten zu befassen. Boris Scharlowski

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