Zwist zwischen NPD und DVU: Beim Geld hört rechte Freundschaft auf
Nach dem Bruch zwischen DVU und NPD tun die Parteien so, als hinge vom eigenen Schicksal das der gesamten Neonazi-Szene ab. Dabei geht es bei ihrer Rivalität vor allem ums Geld.
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HAMBURG taz | Die Nachricht ist eine Mischung aus Jammern und Nachtreten: Man habe mit der DVU eine Partei gründen wollen, lamentiert NPD-Chef Udo Voigt auf der Parteihomepage, aber die habe sich geweigert. Deshalb müsse man jetzt die "echte Rechte" wählen - seine Truppe. Seitdem die beiden rechtsextremen Parteien ihren "Deutschlandpakt" aufkündigten, tun sie so, als hinge vom eigenen Fortbestand das Wohl und Wehe des so genannten Nationalen Widerstands ab. Dabei geht es vor allem ums Geld.
"Die NPD weiß selbst, dass ein Einzug in den Bundestag unrealistisch ist", sagt Christian Dornbusch, Rechtsextremismusexperte und Mitherausgeber von "88 Fragen und Antworten zur NPD". Wahlen, bei denen sie kaum Aussichten auf den Einzug ins Parlament hat, haben für die NPD vor allem zwei Bedeutungen: Sie will den Wahlkampf für ihre Propaganda nutzen und durch das Wahlergebnis Staatsgelder einfahren. Denn ein Prozent der Stimmen genügt für die Kostenrückerstattung. "Mit den Wahlerfolgen der NPD stieg der Anteil der Steuergelder an deren Budget kontinuierlich", sagt Dornbusch, "2005 nahm die NPD erstmals mehr Steuergelder als Spenden ein" - rund 1,2 Millionen Euro.
Die Gelder trugen offensichtlich dazu bei, dass NPD und DVU 2005 im "Deutschland-Pakt" festlegten, wer von ihnen bei welcher Wahl bis 2009 kandidiert. Die Wahlerfolge kamen, das Geld folgte. Nach der Europawahl kündigte die NPD aber den Pakt und erklärte, sie wolle im DVU-Territorium Brandenburg antreten. "Verrat" schimpfte der DVU-Bundesvorsitzende Matthias Faust und drohte, wenn die NPD die Kandidatur nicht zurückzöge, trete die Deutsche Volksunion zur Bundestagswahl an.
Eine Drohung, die die NPD nicht bremste. Sie wirft der DVU vor, nur halbherzige Wahlkämpfe geführt zu haben. Bei der Europawahl hatte die DVU bundesweit bloß 0,4 Prozent erreicht, selbst in ihrem "Stammland" Brandenburg, wo sie in zweiter Legislaturperiode im Landtag sitzt, reichte es nur für 1,7 Prozent. Sollte sich das bei der Landtagswahl wiederholen, bekommt die Volksunion kein Geld aus der Steuerkasse - die Grenze liegt dort bei drei Prozent.
Deshalb versucht DVU-Chef Faust mit einer Erklärung, die ehemaligen Partner in der Neonazi-Szene als geldgierige Verräter anzuschwärzen: Die NPD stünde "vor dem finanziellen Ruin" und benötige deshalb "offenbar in Brandenburg jeden Cent aus der Parteienfinanzierung".
Nach einigen Finanzskandalen steckt die NPD in großen Schwierigkeiten. Ihr Ex-Schatzmeister veruntreute rund 870.000 Euro, und Fehler in Rechenschaftsberichten führten zu Strafzahlungen von etwa 1,2 Millionen an die Bundestagsverwaltung.
Dass die Börse der DVU ebenfalls klamm ist, erwähnt Parteichef Faust lieber nicht. Die 0,4 Prozent genügten nicht für eine Wahlkampfkostenrückerstattung. Die DVU braucht den Wiedereinzug in den Brandenburger Landtag noch mehr als die NPD, weil sie sonst kaum eine Möglichkeit hat, an Geld zu kommen.
Die DVU mag Propaganda gegen die Voigtschen Vertragsbrecher machen, in der Szene nutzt ihr das aber wenig. Die meisten Mitglieder der Freien Kameradschaften unterstützen die NPD. Dirk Wilking, Geschäftsführer vom "Mobilen Beratungsteam" in Brandenburg ist sich deswegen sicher, dass das Kalkül der Nationaldemokraten aufgeht: "Die NPD-Kandidatur wird die DVU Stimmen kosten." Sehr wahrscheinlich fliegt die Volksunion dabei aus dem Landtag. Die NPD hingegen, glaubt Wilking, wird ihre leere Parteikasse wohl etwas füllen können.
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