: Zwist in Chiles Opposition
■ Christdemokraten beschuldigen Kommunisten der Komplizenschaft mit Dikator Pinochet / KP gegen Verhandlungen mit Junta nach dem Plebiszit / Meinungsumfragen sagen Sieg der „No„-Kampagne voraus
Santiago (afp) - Zehn Tage vor dem Plebiszit in Chile ist es in den Reihen der Opposition zu erneuten Spannungen und zu einem Streit über die zukünftige Strategie gekommen. Die christdemokratische Partei warf der verbotenen Kommunistischen Partei am Sonntag vor, sie spiele Staatschef Augusto Pinochet mit ihrem Vorschlag in die Hände, nach dem Plebiszit am 5. Oktober eine provisorische Regierung zu bilden. An diesem Tag können die ChilenInnen mit Ja oder Nein über den einzigen Kandidaten Augusto Pinochet abstimmen. Der erst wenige Tage zuvor aus dem Exil zurückgekehrte Kommunistenführer Volodia Teilteilboim hatte eine Übergangsregierung am Donnerstag vorgeschlagen und seinen Glauben an die Kraft einer Mobilisierung der Massen bekräftigt. Die Chilenen hätten nach dem Sieg des „No“ bei der Volksabstimmung die Aufgabe, das Ergebnis durch eine Mobilisierung des Volkes zu verteidigen.
Die Christdemokraten beschuldigten Teilteilboim daraufhin der Komplizenschaft mit der Diktatur. Seine Vorschläge stützten nur die Einschüchterungskampagne der Militärjunta. In einem Kommunique der Christdemokraten hieß es weiter, „wir erklären gegenüber der Kommunistischen Partei noch einmal, daß wir mit ihren Taktiken und ihrer Vorgehensweise, die in keiner Weise der Wiedererlangung der Demokratie dienen, nicht einverstanden sind, noch damit einverstanden sein werden“. Auch die Sozialistische Partei, die mit den Christdemokraten und 14 anderen Parteien das Oppositionsbündnis für ein „Nein“ bildet, lehnte den Vorschlag der nicht im Bündnis vertretenen Kommunisten ab. Wenige Tage vor dem Referendum eine neue Strategie zu fordern, verwirre die Dinge, sagte Sozialistenführer Ricardo Lagos. „Wir befinden uns nun im Endspurt, und unsere Kampagne war sehr erfolgreich“, betonte er. Nach der im Februar konzipierten Strategie der „No„-Kampagne will die Opposition nach einer eventuellen Niederlage Pinochets bei dem Referendum mit der Junta verhandeln, um so den Übergang zur Demokratie zu beschleunigen. Kommunistenführer Luis Guastavino betonte jedoch am Samstag noch einmal die Haltung seiner Partei, wonach es mit den augenblicklichen Vertretern der Diktatur keine Verhandlungen gebe werde.
Bei der Volksbefragung will eine Mehrheit der Bevölkerung den amtierenden Staatspräsidenten General Augusto Pinochet ablehnen, wie aus einer am Montag veröffentlichten Meinungsumfrage der Opposition hervorgeht. Nur 17,2 Prozent hätten sich bisher für das „Ja“ entschieden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen