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Zweitliga-Bayern vom Rhein

Trotz einer wenig überzeugenden Leistung beginnt der 1. FC Köln seine Mission Wiederaufstieg mit einem 1:0-Sieg beim Karlsruher SC und Trainer Friedhelm Funkel verströmt ungewöhnlichen Frohsinn

aus Karlsruhe FRANK KETTERER

Der Fußballlehrer Friedhelm Funkel zählt nicht eben zu den bunten Hunden seiner Zunft. Ganz im Gegenteil: Er gilt eher als zurückhaltender, fast schon introvertierter Kerl, der Typ graue Maus eben, so wie es sich für einen geziemt, der einstmals Cheftrainer war bei graumäuseigen Klubs wie Bayer Uerdingen, MSV Duisburg oder Hansa Rostock. Wo Funkel war, gab es stets mehr Leid als Freud – und man kann nicht behaupten, dass man das dem 48-Jährigen nicht ansehen würde.

Aber das ist ja jetzt glücklicherweise vorbei, schließlich ist Friedhelm Funkel seit ein paar Monaten Trainer vom fußballerisch besten Karnevalsverein weltweit; und natürlich hat der rheinische Frohsinn längst Besitz ergriffen vom einstmals so zurückhaltenden Friedhelm F. und eine wahre Wesensmetamorphose bewirkt, wie am Montagabend zu bestaunen war. Da konnte Funkel nicht mehr an sich halten und ist vor lauter Frohsinn nur noch auf und ab gehüpft. Aus der Ferne sah es so aus, als ginge er dieses Jahr als Rumpelstilzchen.

Nun ist Karneval bekanntermaßen eine äußerst ernste Angelegenheit. Und auch der Fußballtrainer Friedhelm Funkel wird beim 1. FC Köln keineswegs nur zu lachen haben, das lässt sich heute schon problemlos prognostizieren. Nicht nur, weil bereits im ersten Zweitliga-Saisonspiel am Montag beim Karlsruher SC im Fan-Block der Rheinländer neben all den rotweißen Fahnen auch ein Plakat in die Höhe gehoben wurde, auf dem Ungeheures zu lesen war: „Funkel raus“ nämlich. Und vielleicht ist es aus dem ansonsten eher zurückhaltenden Mann auch deshalb etwas herausgebrochen, als Neuzugang Francis Kioyo das erlösende 1:0 für die Kölner erzielte, die Nachspielzeit war da schon angebrochen und der Gegner nur noch zu zehnt, weil Karlsruhes Bruno Labbadia in Minute 70 Kölns Cichon einen Kopfstoß verpasst hatte.

Ein Sieg zum Auftakt bringt immer Ruhe, selbst in Köln. Dass der FC zuvor nicht unbedingt die bessere Mannschaft war, spielte da keine Rolle mehr, wichtig war nur, dass die Fans wie wild die Fahnen schwangen und die Mannschaft hinüberschreiten konnte, um sich ein wenig feiern zu lassen. Das „Funkel raus“-Plakat war nicht mehr zu sehen.

Natürlich ist Friedhelm Funkel dann auch an diesem Abend noch ganz der gewesen, den man kennt. Ernst, nachdenklich, und traurige Sätze sagend wie diesen: „Die Mannschaft hat nicht nur schön gespielt.“ Doch was sich auf Anhieb wie geharnischte Kritik anhörte, wurde durch die nachfolgenden Funkel-Sentenzen sogar noch zu Lob. „Die Mannschaft hat sich gewehrt, sie hat gekämpft“, kurzum: „Sie hat die zweite Liga angenommen.“ Und damit eine Grundvoraussetzung erfüllt, um jene Mission erfüllen zu können, die da unumstößlich lautet: sofortiger Wiederaufstieg.

Um nichts anderes geht es in der erst dritten Zweitligasaison in der Geschichte des närrischen Traditionsvereins vom Rhein. Da mag Trainer Funkel noch so vehement darauf hinweisen, dass der FC Köln „nicht der FC Bayern der zweiten Liga“ sei, de facto ist er es allemal, schon durch seinen 20-Millionen-Euro-Etat, den opulentesten der Liga. „Man wird nicht durch den Etat zum Favoriten“, wendet Funkel auf solche Dinge zwar ein, aber auch andere Fakten können nicht den Druck des Erfolges von seinen Schultern nehmen: Zwar mistete der vom Mitabsteiger SC Freiburg nach Köln geflüchtete Manager Andreas Rettig die Mannschaft kräftig aus – insgesamt mussten 13 Mitarbeiter gehen – an der Qualität des neuen Kaders kann es dennoch keinen Zweifel geben. So war die Anfangself in Karlsruhe bis auf Torhüter Bade, Markus Kreuz sowie Neuzugang Markus Happe identisch mit jener Mannschaft, die in der Saison 99/00 unter Ewald Lienen den letzten Aufstieg vollbracht hatte, das Team müsste also wissen, wie es geht.

Vor allem aber weiß Friedhelm Funkel, wer ihm bei der Punktebeschaffung zuvorderst helfen kann: Dirk Lottner, bei Ewald Lienen ob seines Phlegmas in die Kritik sowie bisweilen auf die Ersatzbank gerutscht, nimmt in Funkels Planspielen eine zentrale Sonderrolle ein. Wie wichtig der Mann aus dem Mittelfeld sein kann, demonstrierte er gleich zum Saisonauftakt: Just als sich beide Teams auf ein 0:0 eingestellt hatten, schlug Lottner den entscheidenden Zauberpass auf Francis Kioyo, der nur noch ins Tor zu schießen brauchte. „Solche Momente hat Dirk eben“, sagte Friedhelm Funkel. Dabei sah der Trainer schon wieder sehr frohsinnig aus.

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