Zweitgrößte Wirtschaft der Welt: China schlägt Japan
Chinas Wirtschaft wird zur zweitgrößten der Welt. Doch Experten warnen, dass sich viele chinesische Investitionen nicht rentieren werden.
Jetzt ist es soweit: Die Volksrepublik China hat nach eigenen Angaben Japan als zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt abgelöst.
Allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres wuchs die chinesische Wirtschaft nach Angaben der chinesischen Devisenbehörde um 11,1 Prozent. Nach offiziellen Schätzungen dürfte sich das Wachstum bis Ende 2010 auf 9,5 Prozent einpendeln. Doch jenseits aller Zahlen lohnt ein Blick hinter die Kulissen: Steht es tatsächlich so rosig um Chinas Wirtschaftswachstum?
Auf den ersten Blick schon: Um ihren gewaltigen Devisenschatz von mittlerweile mehr als zwei Billionen Dollar sinnvoll anzulegen, suchen private und staatliche chinesische Unternehmen derzeit Investitionsgelegenheiten überall in der Welt.
So steckt Peking etwa zehn Milliarden Dollar in den Ausbau argentinischer Schienenstrecken. Im Juni unterzeichnete der chinesische Konzern COSCO Pazifik einen Vertrag, wonach das Unternehmen 35 Jahre lang den Containerhafen von Piräus verwalten und ausbauen will. Dafür zahlt COSCO an Griechenland 3,3 Milliarden Euro und verschafft sich einen verlässlichen Umschlagplatz für seine Handelsflotte in Südeuropa. Im Kongo bauen chinesische Firmen für sechs Milliarden Dollar Straßen, Krankenhäuser und Schulen - dafür erhalten sie Schürfrechte für Kupfer und Kobald.
Innerhalb Chinas selbst wurde das Wachstum durch ein gewaltiges Konjunkturpaket von rund 460 Milliarden Euro angeheizt. In den vergangenen zwei Jahren wies die Regierung die staatlichen Banken an, Kredite großzügig zu vergeben.
Um Bauprojekte finanzieren zu können, verkaufen Provinzverwaltungen außerdem viele tausend Quadratkilometer Land.
Die Hafenstadt Tianjin zum Beispiel holte sich im vorigen Jahr fast die Hälfte ihrer Einkünfte für die Haushaltskassen durch Landverkäufe. So drehen sich allenthalben in der Volksrepublik die Kräne, entstehen Industrieparks, Flughäfen und Straßen.
Doch nicht alles ist so erfolgreich wie es scheint: Experten warnen seit längerem, dass sich viele Vorhaben nicht rentieren werden. Es wächst die Sorge, dass die Immobilienblase platzt.
Derzeit versucht die Regierung daher, die Investitionswut wieder zu dämpfen. In diesem Jahr sollen die Banken nicht mehr als 860 Milliarden Euro Kredite vergeben, 22 Prozent weniger als 2009, heißt es. Treffen die Befürchtungen zu, kommen auf Peking enorme Probleme zu.
Die Banken müssten mit einer Menge fauler Kredite fertig werden. Fachleute schätzen die Summe auf 400 Milliarden Dollar in den nächsten zwei Jahren. Die Regierung müsste dann einspringen - mit Geldern aus der Haushaltskasse, die dringend anderswo gebraucht werden, unter anderem für die fast leeren Pensionsfonds und die Reparatur der gewaltigen Umweltschäden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet