Zweite Runde von "Pro Köln": Souverän gegen rechts
Die Rechtspopulisten von "Pro Köln" hatten 2.000 Teilnehmer an ihrem "Anti-Islamisierungskongress" angekündigt. Da waren nur knapp 200 - und wurden von den Gegendemonstranten übertönt.
KÖLN taz | Es gibt kaum einen trostloseren Fleck in Köln als den Barmer Platz hinter dem Deutzer Bahnhof. Aber dafür ist er riesengroß. Mehrere zehntausend Menschen dürften auf ihm wohl Platz finden. Hier also soll er stattfinden, der "Anti-Islamisierungskongress" der rechtsextremen "Bürgerbewegung Pro Köln". Mit zweitausend Teilnehmern, so hatte es "Pro Köln"-Chef Markus Beisicht vollmundig angekündigt. Doch gerade mal 100 Versprengte sind bis Samstagvormittag angereist. Nur wenige Meter entfernt stehen noch einmal etwa 50 Menschen. Doch die hätten die Veranstalter hier eigentlich lieber nicht gesehen - und vor allen Dingen nicht gehört. Denn ihre "Nazis raus"- und "Haut ab"-Rufe übertönen die deutsche Schlagermusik, die aus den Boxen der kleinen transportablen Bühne wummert. Über der prangt ein Pappschild mit der Aufschrift: "Köln nicht Konstantinopel". Wer hätte das gedacht?
Die "Bürgerbewegung pro Köln" ist hervorgegangen aus der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" und steht unter Beobachtung des NRW-Verfassungsschutzes. Im Kölner Stadtrat ist die rechtsextreme Vereinigung mit fünf Abgeordneten vertreten. Bei der Kommunalwahl 2004 sorgte sie mit einem Ergebnis von 4,7 Prozent der Stimmen für einen Überraschungserfolg.
"Pro Köln" ist um ein bürgerliches Erscheinungsbild bemüht und bezeichnet sich selbst wahlweise als "rechtsdemokratisch", "rechtspopulistisch" oder "nonkonform". Dabei versucht sie die seit Jahren andauernde Diskussion über den Bau einer repräsentativen Ditib-Moschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Unter dem Mäntelchen der "Islamkritik" schürt sie Ressentiments gegen Migranten. Der Publizist Ralph Giordano bezeichnet "Pro Köln" als "zeitgenössische Variante des Nationalsozialismus".
Bereits der Auftakt des "Anti-Islamisierungskongresses" am Freitag im Kölner Umland war ein Flop. Mehr als sechzig Anhänger brachten "Pro Köln" und "Pro NRW" bei ihren Kundgebungen in Leichlingen, Leverkusen und Dormagen nicht auf die Beine. Ihnen standen jeweils mehrere hundert Gegendemonstranten gegenüber. Auch zur Abschlussveranstaltung am Sonntag in Bergheim kamen nicht mehr.
Eigentlich hatte "Pro Köln" auf dem Roncalliplatz vor dem Kölner Dom demonstrieren wollen. Doch am späten Freitagabend bestätigt das Bundesverfassungsgericht das von der Polizei ausgesprochene Verbot. Auch ihr Marsch von Deutz durch die Innenstadt zur geplanten Ditib-Moschee in Ehrenfeld bleibt untersagt.
Während sich die Ultrarechten noch sammeln, beginnt um zehn Uhr auf dem Heumarkt die zentrale Kundgebung des Bündnisses Bündnis "Köln stellt sich quer", zu dem sich Parteien, Kirchen und Gewerkschaften zusammengeschlossen haben. An dem Ort, wo im September die Erstauflage des "Anti-Islamisierungskongresses" an den breiten Protesten der Kölner Bevölkerung scheiterte, spricht jetzt Oberbürgermeister Fritz Schramma. Es sei "eine Anmaßung und Dreistigkeit, ausgerechnet hier in Köln, in der Stadt der Toleranz und der Vielfalt, mit rassistischen Parolen auflaufen zu wollen", sagt der Christdemokrat. Es ist eine Art Abschiedsrede, etwas Wehmut liegt über dem Platz. Nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs erklärte Schramma Ende März seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur bei der Wahl im August.
Zeitgleich mit Kölns OB spricht auf der anderen Rheinseite die Juso-Bundesvorsitzende Franziska Drohsel. Schräg vor dem Deutzer Bahnhof, in Sichtweite der ersten Polizeiabsperrungen, findet die Protestkundgebung der DGB-Jugend statt. "Heute stehen wir hier gemeinsam, um deutlich zu machen, dass ,Pro Köln' und jede rechtsextreme Gesinnung weder in Köln noch irgendwo sonst etwas zu suchen hat", ruft die 28-jährige sozialdemokratische Nachwuchshoffnung den mehreren hundert Jugendlichen zu.
Insgesamt rund 5.000 Demonstranten sind an diesem Samstag in Köln gegen den "Anti-Islamisierungskongress" auf der Straße. Nur die wenigsten von ihnen bekommen einen der Teilnehmer an dem schrägen Event zu Gesicht. Zu großflächig und engmaschig hat die Polizei den Ring um den rechten Aufmarsch auf dem Barmer Platz gezogen.
Deutz gleicht einer Festung. Insgesamt sind mehr als 5.600 Beamte aus verschiedenen Bundesländern an diesem Wochenende im Einsatz. Zwar versuchen immer wieder kleinere Grüppchen eine Lücke zu finden, doch nicht vielen gelingt es. Einer, der es geschafft hat, ist Thies Gleiss. Laut mit den Fingern pfeifend, steht das in Köln wohnende Linke-Bundesvorstandsmitglied vor dem letzten Gitter, das ihn nur wenige Meter von den Ultrarechten trennt. Mittlerweile sind die Demonstrationen vom Heumarkt zu denen vor dem Deutzer Bahnhof gestoßen. Die Stimmung ist ausgelassen, wie auf einem großen bunten Straßenfest.
Kurz vor elf Uhr beginnt nun auch die rechte Kundgebung auf dem Barmer Platz - unter dem ohrenbetäubenden Lärm der "Pro Köln"-Gegner. Mittlerweile ist die Teilnehmerzahl der rechten Kundgebung auf etwa 150 angewachsen, etwa 50 weitere "Pro Köln"-Anhänger sind noch auf dem Weg. Verloren wirken sie auf dem großen Platz.
Neben Rechtsextremen verschiedener Schattierung stehen christlich-fundamentalistische Eiferer und die fanatischen Islamhasser des Internethetzblogs "Politically Incorrect". Hinzu kommen noch Abordnungen mehr oder weniger großer europäischer Rechtsaußenparteien, wie des belgischen Vlaams Belang, der österreichischen FPÖ oder der Národní strana aus Tschechien. Ein paar Aktivisten aus der Szene der "Freien Kameradschaften" sind augenscheinlich ebenfalls mit dabei. "Deutsch - Stolz - Treue" prangt auf der Frontseite des Sweatshirts eines der Neonazis. Es ist eine bizarre Parallelgesellschaft, die sich hier versammelt hat.
Nach eineinhalb Stunden und unzähligen wirren Reden ertönt zum Abschluss die deutsche Nationalhymne. Um 12.30 Uhr ist der Spuk vorbei. Durch ein Polizeispalier werden die Teilnehmer auf ein S-Bahn-Gleis zur Abreise geleitet.
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