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Zweimal Nachsitzen

■ Albas Basketballer gewinnen in einem schlechten, aber spannenden Spiel mit 83:80 gegen den MTV Giessen

Charlottenburg. Es bleibt dabei. Alba Berlin ist die vogeligste Mannschaft der Basketball-Bundesliga. So launisch, wie sie die gesamte Hauptrunde gespielt haben, starteten die Albatrosse in das Viertelfinale um die Meisterschaft, allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: hatten sie bisher bei solch schlechten Auftritten schmählich verloren, so konnten sie diesmal das erste Spiel gegen den MTV Giessen knapp gewinnen — nach zweimaliger Verlängerung !

Daß ihre Lieblinge nicht berauschend gespielt hatten, war den 1.500 Besuchern in der Sömmeringhalle allerdings wurscht, denn der Unterhaltungswert des Spieles war aufgrund einer perfekt inszenierten Dramaturgie äußerst hoch. Trainer Faruk Kulenović schien diese Vorstellung allerdings nicht sonderlich zu gefallen. Noch ausdrucksstärker als sonst versuchte er seine Jungs mit Händeringen, Fußstampfen und Grimassenschneiden zum erfolgreichen Korbwurf zu animieren, selbst das gefährlich wirkende Wechseln seiner Gesichtsfarbe half nicht; die Albatrosse verschnarchten fast die gesamte reguläre Spielzeit.

Und dabei wollten die Berliner doch endlich solide werden. Zwei Wochen lang hatten sie sich im Training vorbereitet, bis auf Lutz Wadehn waren sogar alle Spieler wieder gesund geworden. Und „Flying“ Ingo Freyer hatte sich zwecks besserer Übersicht gar sein wallendes Haupthaar scheren lassen, von dem nur ein Pony übrigblieb, der Lucky Luke zur Ehre gereichen würde.

„Die Erwartungen sind sehr hoch, das macht es noch schwieriger“, machte Center Uwe Blab die Ansprüche von sich und seinen Mitspielern deutlich, und ebenso erwartet das Publikum vom Vizemeister des vergangenen Jahres zumindest wieder das Erreichen des Finales.

Die Giessener als Gegner im Viertelfinale hatten sich Boshaftes ausgedacht, um dies zu verhindern. Geschwind hatten sie extra für die Play- Offs den Ex-Olympiasieger und NBA-Aufbauspieler Leon Wood engagiert, vor dem die Albatrosse zunächst auch gehörigen Respekt zeigten. Zu Recht, denn Wood, der schon mit Stars wie Michael Jordan und Earvin „Magic“ Johnson in einer Mannschaft spielen durfte, zeigte teilweise eine in der Bundesliga unbekannte Qualität des Korbspieles, die gehobene US-Version.

Die allerdings nicht nur den Berlinern zum Nachteil erwuchs. Zwar umdribbelte der glatzköpfige Wood behend des öfteren die Berliner Abwehr, provozierte raffiniert Fouls, doch sein überlegenes Aufbauspiel erwies sich für seine Mannschaft eher als Nachteil. Einige Male konnten seine Mitspieler des Meisters geniale Pässe nutzen, doch meist kapierten sie einfach nicht, was der gute Leon wollte.

Welch ein Glück für Alba. Denn vor allem die Center Blab und Sven Meyer kapierten bis in die Verlängerung nicht, daß ihren Gästen ein starker Rebounder fehlte. Gerade Blab schaute den Rebounds mehr nach, als daß er sie sich schnappte, im Angriff brauchte er mehrere Versuche, bis er den Ball — wenn überhaupt — im Korb versenkt hatte.

So hatten die Berliner bis zu 16 Punkten Rückstand hinterherzulaufen, den Zoran Radović erst 27 Sekunden vor dem Ende ausglich. Den Jugoslawen wurmte es sehr, daß ihm sein Gegenüber im Aufbau die Show stahl, und so revanchierte er sich, indem er zum Matchwinner wurde. Kurz vor dem Ende der zweiten Verlängerung errangelte er sich etwas mysteriös den Ball, legte die entscheidenden zwei Punkte und sorgte dafür, daß seines Trainers Gesichtsausdruck sich ein wenig entspannte. Zumindest bis zum nächsten Spiel. Schmiernik

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