: Zwei Sozis, eine Meinung
■ Hilfe für Oskar Lafontaine
Bonn (AFP) – Der SPD-Vorsitzende Rudolf Scharping mahnte gestern vor der Fraktion, in der parteiinternen wirtschaftspolitischen Diskussion Geschlossenheit zu zeigen. Bei ihm sei bald „die Grenze der Geduld“ erreicht. Er wolle 1994 die Mehrheit für die SPD gewinnen und fordere alle auf, sich endlich diesem Interesse unterzuordnen. Die SPD halte an dem Ziel gleichwertiger Lebensbedingungen in ganz Deutschland fest. Keiner dürfe aber wagen, die Länge und Härte des Weges dorthin zu verschweigen. Es wäre „tödlich“, in dieser Situation Illusionen zu wecken. Die SPD bleibe dabei, den Menschen die Wahrheit zu sagen. Scharping unterstrich, daß die Sozialdemokraten an der Rentenformel und dem Überleitungsgesetz festhalten. Zum Streit um die Forderung seines Vize Oskar Lafontaine, den Anstieg der Löhne in Ostdeutschland zu bremsen, sagte Scharping, es sei längst gängige Praxis, die Tarifentwicklung der Leistungskraft der Regionen anzupassen. Wer den Eindruck erwecke, es handele sich um ein Ost- West-Problem, reiße unnötig Wunden auf. Lafontaine betonte vor der Fraktion, es gehe ihm um die Frage, wie möglichst viele Arbeitsplätze erhalten und geschaffen werden könnten. Er bot den ostdeutschen Sozialdemokraten, die ihn in erster Linie kritisiert hatten, ein ruhiges Gespräch an, um emotionale Mißverständnisse auszuräumen. Lafontaine will morgen in der Standortdebatte des Bundestages für die SPD auf die Regierungserklärung von Bundeskanzler Helmut Kohl antworten. Der stellvertretende Partei- und Fraktionsvorsitzende Wolfgang Thierse soll in der Debatte deutlich machen, daß es keine tiefergehenden Differenzen zwischen Lafontaine und den ostdeutschen Sozialdemokraten in der Wirtschaftspolitik gibt.
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