■ Zwangsarbeit: „Schönste Zeit des Lebens“
Der Berliner Pharma- und Pflanzenschutzkonzern Schering AG lehnt es bislang ab, sich an dem Entschädigungsfonds deutscher Unternehmen für ehemalige ZwangsarbeiterInnen zu beteiligen. Während des Nationalsozialismus hätte die Firma die Zwangsarbeiter besser als üblich behandelt und deshalb keine Anträge auf Entschädigung erhalten, sagt Schering-Historiker Gert Wlasich.
Zwischen 1942 und 1945 habe der Chemiekonzern gleichzeitig höchstens 400 ZwangsarbeiterInnen aus der Sowjetunion, Polen und Tschechien, außerdem wenige deutsche Juden, beschäftigt, so Wlasich. Diese Zahl liege weit unter der Beschäftigung bei anderen deutschen Großkonzernen. Schering sei es damals gelungen, eine „andere Kultur zu pflegen“, erklärt der Historiker. Weil der Konzern Medizinprodukte exportierte und damit kriegswichtige Devisen erwirtschaftete, habe man mehr Spielraum genossen. Als Beleg nennt Wlasich den Brief eines ukrainischen Zwangsarbeiters, in dem dieser die Zeit bei Schering als „die schönste seines Lebens“ bezeichnet habe.
Historiker Wlasich bestreitet freilich nicht, daß die ZwangsarbeiterInnen auch bei Schering ausgebeutet wurden. Ihr Lohn lag weit unter dem deutscher ArbeiterInnen und wurde zudem noch zum Teil vom Staat abkassiert. „Im konkreten Fall würde ich einer Entschädigung zustimmen“, sagt deshalb der Betriebsforscher – falls ehemalige Betroffene das vom Unternehmen verlangen würden. Hannes Koch
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