Zwangsabgabe für Kinderlose: Guten Tag, heute schon gefickt?
Haben die jungen Unionsfreunde Langeweile? Einige Hinterbänkler der CDU fordern eine Zwangsabgabe für Kinderlose über 25 Jahren. Kommt jetzt die Reproduktions-Stasi?
Was für eine absurde Diskussion: Sollen Kinderlose einen Zusatzbeitrag zahlen oder füllen sie schon ausreichend die Sozialkassen? Kinderlose schreien auf: Wir sollen bestraft werden! Manche Kinderhabende finden das gerecht: Schließlich sorgen wir mit der Energie unserer Lenden und Gebärmütter dafür, dass auch Ihr im Altersheim gut vorsorgt seid!
Die Idee einiger junger CDU-Hinterbänkler, Kinderlose über 25 Jahre stärker zur Kasse zu bitten, ist so populistisch wie dämlich. Da wird so getan, als trügen Kinderlose bislang so gar nichts zum Gemeinwohl bei. Aber das tun sie. Bis auf GeringverdienerInnen, Hartz-IV-EmpfängerInnen und Hausfrauen zahlen nahezu alle Erwachsene Steuern und Sozialabgaben.
Davon werden Kitas, Schulen, Altersheime und Autobahnen gebaut, Theater subventioniert und Sportplätze. In der Pflegeversicherung zahlen Kinderlose seit 2005 einen höheren Beitrag, nämlich 0,25 Prozent mehr. Von all dem profitieren alle: Kinderlose und Menschen mit Kindern.
Haben die jungen Unionsfreunde Langeweile? Soll hier eine neue Neiddebatte entfacht werden? Und: Wie will man überprüfen, wer von den Kinderlosen freiwillig oder aus anderen Gründen keinen Nachwuchs hat? Kommt mit der Sonderabgabe die Reproduktions-Stasi: Guten Tag, heute schon gefickt und dabei brav an die Renten- und Pflegekasse gedacht? Ach, Sie können keine Kinder bekommen, weil Sie schon so alt sind? Selber schuld, Sie hätten sich ja früher drum kümmern können, statt immer nur der Karriere hinterherzuhecheln!
Will man tatsächlich etwas für die Gerechtigkeit tun, sollte man zum Beispiel zugunsten einer Familienbesteuerung endlich das Ehegattensplitting abschaffen. Das beschenkt Einverdienerehen mit viel staatlichem Geld - auch jene Paare, die keine Kinder haben. Wenn ein Mann 5.000 Euro im Monat verdient, spart er für diese Zeit fast 500 Euro Steuern. In 30 Ehejahren sind das über 170.000 Euro.
Und das zahlen auch Menschen mit Kindern.
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