: Zwanghafte Begeisterung?
■ Betr.:taz-Artikel„DDR-Flaggen auf dem Domshof“ (20.12.89) und die Leserbriefe von Cecilie Eckler-von Gleich (3.1.90) und Volkmar Leohold (5.1.90).
Zum TAZ-Artikel: Was mich daran stört ist nicht die fehlende Begeisterung über die Kundgebung und Demo, sondern daß Einzelheiten nicht stimmen und auf diese Art die Aktion fertiggemacht wird: Die Teilnehmerzahl stimmte nicht, unter den Aufrufern suche ich vergeblich „Die Grünen“ und die VVN, in keinem der Redebeiträge fiel, wie behauptet, das Wort „nationale Besoffenheit“, sondern es stand im Flugblatt der JuSos. Ich habe bis jetzt der taz eine ernsthaftere Art der Auseinandersetzung zugetraut. Zu den Leserbriefen der Grünen -Landesvorstandsmitglieder: Der Aufruf zum 19.12. hat deshalb meine Unterschrift, weil ich in der Tat an der jetzigen Wiedervereinigungspolitik überhaupt keine Chance entdecken kann, außer für die hiesige Industrie, die neue Märkte braucht. Habt Ihr in den 6 Jahren Kohl-Regierung auch nur einmal erlebt, daß es um die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Menschen ging, sei es in der BRD oder in Südafrika, Türkei oder Nicaragua? Habt Ihr schon erlebt , daß sie wirklich das Selbstbestimmungsrecht der Völker respektieren, von dem jetzt immer so vollmundig die Rede ist? Das stieß doch immer da an enge Grenzen, wo sich die Menschen gegen den Exportschlager Freiheit a la Kohl entschieden. Die Begeisterung für grüne Opposition gilt nur für die DDR, nicht für unser Land. Desgleichen für Massendemonstrationen gegen die bestehenden Lebensverhältnisse. Ihr seid für die Kooperation zweier deutscher Staaten. Gut, aber dazu müssen wir doch als erstes etwas durchsetzen, was wir in 40 Jahren noch nicht geschafft haben: daß der eine davon'die BRD, den anderen, die DDR, überhaupt als souveränen Staat anerkennt. Warum geht Ihr nicht wenigstens dafür mit auf die Straße? Wie wollt Ihr denn irgendwelche Chancen nutzen, wenn noch nicht mal solche Selbstverständlichkeiten von uns erreicht werden? Die nächste Gelegenheit bietet sich am 13.1., wenn die CSU zum ersten Mal „reichsweit“ auftritt und ihre Tagung nach Leipzig verlegt.
Gruß Regine Albrecht
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