Zuwanderung: Ehe zweiter Klasse
Asadullah Sadat ist deutscher Staatsbürger. Sein Pech: Er hat seine Frau bei einem Heimatbesuch kennengelernt.
Im Büro der Autowerkstatt, in dem Asadullah Sadat seine Geschichte erzählt, liegen Handzettel einer Hamburger Moschee aus. Vielleicht ist es eine Moschee, in der der Krieg der Kulturen gepredigt wird. Vielleicht würde Asadullah Sadat seine Frau, könnte er sie denn nach Deutschland holen, in der Wohnung einsperren. "Vielleicht würde ich sie mit einem Feuerzeug quälen, diese Geschichten kenne ich", sagt er.
Vielleicht aber ist es auch so, wie er erzählt. Dass er seine Frau bei einem Heimatbesuch kennengelernt hat, dass er sie wollte und "sie ,ja' gesagt hat". Vor zwei Jahren haben sie geheiratet, doch in Hamburg, wo Sadat lebt, seit er 18 ist, und wo er als Zahntechniker arbeitet, ist seine Frau bisher nicht angekommen.
Sadats Familie und seine Frau sind Afghanen, doch sie leben im pakistanischen Grenzgebiet. Zuerst gab es Probleme mit einem Stempel, den das afghanische Konsulat in Peschawar in die Heiratsurkunde der Sadats gesetzt hatte, obwohl es nach Ansicht der deutschen Botschaft in Islamabad dazu nicht berechtigt war.
Als die Stempelfrage geklärt war, hatte sich das Zuwanderungsgesetzt verschärft. Ehegatten mussten nun Deutschkenntnisse nachweisen. "Meine Frau ist Analphabetin", sagt Sadat. "Wie soll sie die Prüfung schaffen?"
Das nächste Goethe-Institut in Islamabad wäre nicht nur eine Tagesreise entfernt, sondern auch fremdes Territorium: Sadats Frau spricht nur Urdu, nicht Paschtu. Um ihrem Mann nach Deutschland zu folgen, müsste sie es schaffen, als Analphabetin in einer fremden Sprache Deutsch zu lernen.
"Wenn die Sache zu kompliziert wird, gehen wir nach London", sagt Sadat. Als deutscher Staatsbürger wäre das für ihn kein Problem, und seine Frau müsste keine Sprachprüfung ablegen. "Ich müsste eben noch einmal von vorne anfangen", sagt Sadat. Er habe sich umgehört. Für Zahntechniker sehe es in London derzeit schlecht aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!