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Zuwanderung erschwert

Die italienische Regierung will ein Wahlversprechen einlösen und das Einwanderungsrecht drastisch verschärfen. Willkommen ist nur, wer eine Arbeitszusage hat. Jetzt muß das Parlament entscheiden

aus Rom MICHAEL BRAUN

Am Freitag hat das Berlusconi-Kabinett den Gesetzentwurf zur Neuregelung des Ausländerrechts verabschiedet. Italiens seit Juni amtierende Rechtsregierung löst damit ein Wahlversprechen ein und schreitet zu einer weiteren Gegenreform, indem sie die Normen des erst seit 1998 geltenden Einwanderungsgesetzes drastisch verschärft.

Nicht umsonst läuft der jetzt den Häusern des Parlaments zugeleitete Entwurf unter dem Titel „Gesetz Fini-Bossi“. Die Parteichefs der postfaschistischen Alleanza Nazionale, Gianfranco Fini, und der in den letzten Jahren mit massiver Ausländerhetze hervorgetretenen Lega Nord, Umberto Bossi, haben die Ausarbeitung des neuen Paragraphenwerks besorgt. Zwar leben in Italien gerade einmal 1,5 Mio. Ausländer, aber die beiden Juniorpartner Berlusconis waren in den letzten Jahren mit Kampagnen gegen „kriminelle Einwanderer“, gegen „islamische Invasoren“, gegen die „unkontrollierte Flut“, die die braven italienischen Bürger bedrohe, hervorgetreten. Und in diesem Geiste haben sie jetzt das Einwanderungsgesetz umgeschrieben.

Zukünftig soll nur noch ins Land, wer schon eine feste Arbeitszusage hat – und er soll auch nur solange bleiben dürfen, wie er beschäftigt ist. „Aufenthaltsvertrag“ heißt das neue Konstrukt, in dem Aufenthaltserlaubnis und Arbeitsvertrag zusammengeführt werden und der die Einwanderer zurück in den Status von Gastarbeitern befördert: Wer etwa einen Zeitvertrag über neun Monate kriegt, erhält auch eine neunmonatige Aufenthaltserlaubnis.

Zudem wird der Schwindel, die Immigranten nähmen den Italienern Arbeitsplätze weg, in Gesetzesform gegossen: In Zukunft haben die Italiener das Erstzugriffsrecht auf Jobs, nach denen sie sich schon in den letzten Jahren gar nicht drängten. Das ist ärgerlich für die Agrarunternehmer im Süden genauso wie für all die Fabrikbesitzer im Norden, die unter Arbeitskräftemangel stöhnen und beharrlich eine Aufstockung der Einwanderungsquote (die zuletzt bei 65.000 pro Jahr lag) fordern. Doch in diesem Fall müssen die ökonomischen Interessen einer wichtigen Klientel des Rechtsblocks hinter dem Interesse an politischer Ausbeutung der Einwanderungsfrage zurücktreten.

Deshalb auch werden die Möglichkeiten der Familienzusammenführung drastisch zusammengestrichen. Bisher konnten Verwandte bis zum dritten Grad nachreisen, wenn der Einwanderer belegte, dass sie wegen Behinderung oder Krankheit von ihm abhängig waren. Jetzt dürfen nur noch Ehepartner, minderjährige Kinder und Eltern ins Land (aber nur, wenn sie außer dem Emigranten keine weiteren Kinder haben).

Ersatzlos gestrichen wird auch die Möglichkeit, dank der Unterstützung eines „Sponsoren“ einzuwandern. Das 1998 von der Mitte-Links-Koalition verabschiedete Gesetz erlaubte pro Jahr 10.000 Personen die Einwanderung, wenn eine Person für Wohnung und Unterhalt im ersten Jahr bürgte; in dieser Frist konnte der Immigrant sich eine Arbeitsstelle suchen und so ein Aufenthaltsrecht erwirken.

Schließlich macht Italiens Rechtsregierung ernst mit ihrer Propaganda, dass die „clandestini“, die illegal ins Land gelangten Einwanderer, durch die Bank Kriminelle sind – indem sie sie zum Kriminalfall erklärt. Wer nach einer Ausweisung wieder einreist, wird mit sechs bis zwölf Monaten Haft bestraft, die aber in eine sofortige Wiederausweisung umgewandelt werden soll. Wer es dann aber erneut probiert, muss mit bis zu vier Jahren Gefängnis rechnen. Zumindest für diese Zeit gibt es dann wohl einen „Aufenthaltsvertrag“ – denn diese Strafe ist effektiv abzusitzen.

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