Zusammenschluss geplant: Piraten für Europa
Von Deutschland in die Welt – oder wenigstens nach Europa: 200 Delegierte von Piratenparteien aus dutzenden Ländern haben in Prag über die Gründung einer Europäischen Piratenpartei diskutiert.
PRAG dpa | Die Piraten nehmen Kurs auf Europa. Rund 200 Delegierte von Piratenparteien aus mehr als 25 Ländern haben in Prag am Samstag über ihre Zusammenarbeit diskutiert. Ziel sei die Gründung einer Europäischen Piratenpartei für die Europawahlen im Jahr 2014, sagte der Mitbegründer der deutschen Piratenpartei, Jens Seipenbusch. „Eine Menge Leute stehen in den Startlöchern, um die Statuten auszuarbeiten.“
Nach schwierigen Verhandlungen zeichnete sich auf der Tagung der Dachorganisation „Pirate Parties International“ ein Kompromiss ab. Demnach werden die deutsche und mehrere weitere Ländersektionen mit den Vorbereitungen für eine Europäische Plattform voranpreschen und mittelfristig feste Strukturen etablieren. Auf einer Online-Pinnwand und über Internet-Chat werde sich diese Gruppe ab sofort intensiv zur Europapolitik austauschen, berichteten Delegierte.
Andere Piratenverbände wollten sich in Prag nicht festlegen und zunächst ihre Mitglieder befragen. Vertreter aus Großbritannien und der Schweiz befürworteten nur einen losen Zusammenschluss und bremsten. „Wir sollten uns zunächst auf unsere nationalen Programme konzentrieren“, sagte ein britischer Delegierter. Er könne sich eher die Schaffung eines gemeinsamen Forschungsinstituts oder einer Denkfabrik vorstellen.
Einigkeit herrschte bei der Aufnahme neuer Mitglieder. Mit an Bord des internationalen Dachverbands sind nun Griechenland und Kroatien. Die griechische Piratenpartei wurde erst im Februar etabliert – mit Anschubhilfe deutsch-griechischer Piraten.
Mehr Politikfelder erobern
Der Gründer der Piratenbewegung, der Schwede Richard Falkvinge, sprach sich für eine engere Koordinierung aus. Der Erfolg bei den Wahlen in Berlin und im Saarland habe gezeigt, dass die Piraten neben der Internetfreiheit auch weitere Politikfelder erobern sollten. Falkvinge sieht große Gemeinsamkeiten der mehr als 25 Piratenverbände weltweit. „Die Herausforderung für das nächste Jahr wird sein, das auch schriftlich festzuhalten“, sagte Falkvinge.
In Deutschland legen die Piraten in Umfragen stetig zu. Im aktuellen ARD-„Deutschlandtrend“ erreichten sie 11 Prozent. „Die Acta-Debatte hat viele auf Demonstrationen getrieben, die bisher keine Piratenmitglieder waren“, sagte Seipenbusch. Das Handelsabkommen Acta soll die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen verbessern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Berliner Kultur von Kürzungen bedroht
Was wird aus Berlin, wenn der kulturelle Humus vertrocknet?