Zusammenbruch eines Imperiums: Der Boom am Zuckerhut ist vorbei
Eike Batista war einer der reichsten Männern der Welt. In Brasilien galt er als rechte Hand der Fifa. Nun sind seine Firmen insolvent.
BERLIN taz | Eine riesige Unternehmenspleite macht der Olympiastadt Rio de Janeiro Sorgen. Zahlreiche Bauprojekte stehen vor dem Aus – der Zusammenbruch des Imperiums des einst reichsten Mannes Brasiliens erschüttert das Vertrauen in die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas, die nach einem jahrelangen Boom schwächelt.
Der Ölkonzern OGX musste vergangene Woche Gläubigerschutz beantragen, um dem Konkurs zu entgehen. Er ist das Flaggschiff der Unternehmenskette EBX, die dem Magnaten Eike Batista gehört. Grund der Zahlungsschwierigkeiten sind Missmanagement, hohe Schulden und vor allem ausgebliebene Ölfunde. Batista hat auf große Ölvorkommen vor der brasilianischen Küste gesetzt und mit Spekulationskapital seine ganze Firmengruppe aufgebläht.
Das Vermögen des deutschstämmigen Batista wurde vergangenes Jahr noch auf über 30 Milliarden US-Dollar geschätzt. Mit seinen zahlreichen Bergbau- und Energieunternehmen war er ein Symbol des aufstrebenden Brasilien, für Wachstum, schnelles Geld und den Anschluss der siebtgrößten Wirtschaft an die Industriestaaten.
Skrupel- und rücksichtslos
Für andere war der 57-Jährige vor allem ein Feindbild. Soziale Bewegungen kritisieren Batista als skrupellosen Unternehmer, der die Bodenschätze des Landes ohne Rücksicht auf Umwelt und Bevölkerung ausbeutet. In seiner Heimatstadt Rio de Janeiro galt er der WM- und Olympia-kritischen Bewegung als rechte Hand von Fifa und IOC bei der Privatisierung der Stadt.
Jetzt ist das Batista-Imperium der EBX-Holding wie ein Kartenhaus zusammengefallen. Kleine wie große Aktionäre, aber auch die Regierung sowie die staatliche Entwicklungsbank BNDES fürchten um das Geld, mit dem sie das Luftschloss des Milliardärs finanzierten. Die enge Verbindung zwischen Batista und der Stadt- bzw. Bundesstaatsregierung hat nun Konsequenzen für diverse Bauprojekte: Krankenhäuser, Wohnungsbauten, diverse Luxushotels – überall steckte Batistas Geld drin. Sogar die Befriedungspolizei UPP für die Favelas wurde von Batista subventioniert.
Wackelige Volkswirtschaft
Der wohl größte Insolvenzfall Lateinamerikas wirft auch Schatten auf die wirtschaftliche Stabilität Brasiliens. Obwohl Finanzminister Guido Mantega stets beteuert, die Wirtschaft der Regionalmacht sei gesund, mehren sich die Krisenanzeichen. Die Inflation liegt hartnäckig bei 6 Prozent, die Landeswährung Real verliert an Wert, die Wachstumsprognosen wurden wiederholt nach unten korrigiert. Zudem steigt das öffentliche Defizit seit 2012 kontinuierlich und wies im September das größte Minus seit zwölf Jahren aus.
Die Folgen der Batista-Pleite sind nicht abzusehen. Zuerst muss ein Gericht dem Gläubigerschutz zustimmen, dann ein Restrukturierungsplan für die über 5 Milliarden US-Dollar Schulden abgestimmt werden. OGX war 2010 an der Börse gut 25 Milliarden Euro wert, heute nur noch ein Bruchteil davon. Batista selbst soll nicht mehr Milliardär, sondern nur noch Millionär sein.
Drauflos spekuliert
Eike Batista, Sohn eines ehemaligen Energieministers und einer deutschen Mutter, ist kein traditioneller Unternehmer. Ohne Erfahrung im Wirtschaften spekulierte er auf den neu entdeckten Ölreichtum vor Brasiliens Küste und führte ein extravagantes Leben im Luxus. Das „X“ im Namen all seiner Unternehmen steht für die Multiplizierung seines Profits. Nun muss stets ein Minuszeichen mitgerechnet werden, und Rio sowie Brasilien werden viel Energie aufbringen müssen, um nicht in den Strudel einer Vertrauenskrise zu geraten.
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