Zurück in die Fußball-Zukunft

Der FC Berlin plant den Aufstieg zum dritten Profi-Fußballklub Berlins. Einst von Erich Mielke protegiert, war der Verein zehnmal hintereinander DDR-Meister  ■ Von Michael Becker

Vor zehn Jahren ist der Berliner Fußballverein BFC Dynamo zum letzten Mal Meister geworden, es war der zehnte Titel in Folge – Weltrekord. Damals gab es noch die DDR, und da Stasi-Chef Mielke den Verein protegierte, wußte man nie genau, ob Dynamo tatsächlich gewann oder bloß gewonnen wurde. Seitdem sind sportliche Erfolge ausgeblieben.

Das soll jetzt anders werden. Der Verein, der seit 1990 nicht mehr Dynamo heißt, sondern FC Berlin, steht derzeit im oberen Mittelfeld der Regionalliga Nordost. Die Verantwortlichen wollen die Gunst der Stunde nutzen, um endlich wieder an die „große sportliche Tradition“ anzuknüpfen, wie Vereinspräsident Volkmar Wanski sagt. Vieles deutet darauf hin, daß bald wieder alle in Hohenschönhausen „Dynamos“ sind, wie sich die Fans nennen. Auf einer Mitgliederversammlung soll im April nächsten Jahres entschieden werden, ob der Verein wieder in BFC Dynamo zurückbenannt werden soll. „Wir sind den alten Mief trotz des neuen Namens bis heute nicht losgeworden, und die Leute hier identifizieren sich nach wie vor mit dem BFC“, sagt Wanski.

Eine Rolle rückwärts also in die dunkle Zeit der Schiebereien ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, zu dem Aufbruchstimmung verbreitet werden soll? Was die Identität als Ostverein anbelangt, ist in Hohenschönhausen ohnehin alles beim alten geblieben. Die Fans in der Kurve schreien nur „Dynamo, Dynamo“, um den FC Berlin anzufeuern. Und auch Präsident Wanski unterläuft des öfteren ein Buchstabendreher, wenn er dauernd vom BFC spricht.

Veränderungen sind aber dringend notwendig, wenn der Verein in den bezahlten Fußball zurückkehren will. Zu provinziell erscheint noch das gesamte Umfeld. So verbreiten die weißen Plastikstühle auf der VIP-Tribüne wenig professionelles Flair. „Hier muß mehr Niveau einziehen“, weiß auch Wanski. Deshalb will der Verein das Stadiongelände vom Land kaufen und modernisieren. „Der Kaufantrag ist gestellt“, sagt Wanski.

Trotz solch ambitionierter Pläne kann der Präsident nicht den Eindruck vermitteln, als entstehe beim FCB etwas wirklich Großes. Zwar erfährt der Verein im Moment dank der guten sportlichen Leistungen einen Popularitätsschub, aber ohne größere finanzielle Zuwendungen wird er nicht zum Topklub heranwachsen. Profifußball ist Big Business. Diesen finanziellen Zwängen will sich der Verein aber gerade nicht ausliefern. „Es gibt bei uns keinen Sponsor, der Druck ausübt, und das soll auch so bleiben“, sagt der Präsident stolz. Der Westberliner Nobelclub Tennis Borussia gilt ihm daher nicht als Vorbild: Dort fehlt es trotz finanzieller Potenz und sportlichen Erfolgs an Anhängern.

Präsident Wanski und Manager Steinke setzen bislang auf die Unterstützung durch kleine und mittlere Betriebe, die Beträge zwischen 1.000 und 20.000 Mark springen lassen. „Club 100“ heißt das Konzept. Vor wenigen Wochen kündigte ein bierseliger Fan nach einem Heimspiel sogar an, dem Verein alle drei Monate 500 Mark zu spenden – unter der Bedingung, daß der Club wieder den alten Namen annimmt. Der Mann, in der ersten Hälfte der 90er Jahre in der harten Randaliererszene des FC Berlin aktiv, telefonierte sogleich per Handy mit seiner Frau, die umgehend die erste Rate zum Sportforum bringen sollte. „So etwas zeigt doch, wie sehr sich unsere Anhänger mit dem Verein verbunden fühlen. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg“, freute sich Steinke.

Ob in Berlin Platz für einen dritten Profi-Fußballklub vorhanden ist, erscheint dennoch fraglich. „Es ist noch reichlich Potential da“, glaubt Wanski, „Wir haben viele Fans ans Eishockey verloren, die holen wir jetzt wieder.“ Außerdem ist er sich sicher: „Der Osten braucht den BFC!“