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Zur Zeit: Schweigen

■ Italiens Präsident Cossiga folgt zu Neujahr der Stimme der Vernunft und sagt nicht, was er denkt

Rom (afp) — Bei seiner traditionellen Neujahrsansprache hat der italienische Präsident Cossiga die Italiener mit der Ankündigung überrascht, er wolle lieber schweigen. „Es wird andere, passendere Gelegenheiten geben, (meine) ehrlichen Gedanken und Vorschläge“ zu unterbreiten, sagte Cossiga. „Unter den gegenwärtigen heiklen Umständen darf die Ansprache des Staatschefs, des Vertreters der nationalen Einheit, nicht nur ein formelles Ereignis sein, ein einfaches Ritual.“ Gegenwärtig rate die Vernunft, „nicht alles zu sagen, was bei aller Ehrlichkeit zu sagen wäre“. Er bedaure, daß „ich Sie getäuscht habe“, sagte der Präsident.

In den vergangenen Wochen hatte Cossiga immer wieder Schlagzeilen gemacht. Unter anderem hatten die Kommunisten ihm vorgeworfen, die politischen Institutionen aus den Angeln heben zu wollen und in verfassungswidriger Weise ins politische Geschehen einzugreifen. Außerdem ermittelt ein parlamentarisches Gremium gegen Cossiga, weil er angeblich die antikommunistische Geheimorganisation „Gladio“ unterstützt hatte. Seine Amtszeit endet im Juli 1992.

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