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■ Die anderenZur Tschetschenien-Krise schreiben die tschechische Tageszeitung „Pravo“ und die französische Tageszeitug „Le Monde“ / Der Züricher „Tages-Anzeiger“ meint zum Erfolg von Bundeskanzler Gerhard Schröder beim SPD-Parteitag

Zur Tschetschenien-Krise schreibt die tschechische Tageszeitung Pravo: Die Untätigkeit des Westens – und die nahen Parlamentswahlen ermöglichen es Moskau, den brutalen Druck auf Tschetschenien noch zu erhöhen. Nach Ablauf eines Ultimatums wird jeder Bewohner von Grosny liquidiert. Das Wörterbuch sagt, dass Terrorismus eine Drohung politischer Gegner zur Gewaltanwendung ist. Die Nachrichten aus Tschetschenien beweisen, dass in diesem Land weitaus mehr Terroristen operieren als nur die dortigen Aufständischen. Und dass eine Reihe von ihnen die Uniformen eines Ständigen Mitglieds des UN-Sicherheitsrates tragen.

Die französische Tageszeitung Le Monde meint zum gleichen Thema: In einigen Tagen oder Wochen wird Grosny völlig dem Erdboden gleichgemacht sein. Die Hauptstadt der Republik Tschetschenien wird mit Bomben zugeschüttet. Eine Stadt, die 1994 noch 350.000 Einwohner zählte, wird dann ausgelöscht und auf Ruinen reduziert sein. Unter dem Vorwand, „islamistische Terroristen“ auszuheben, radiert eine Zentralregierung – in diesem Fall die von Wladimir Putin – eine ganze Stadt auf ihrem eigenen Territorium aus! Sie organisiert zwangsweise den massenhaften Transfer der Bevölkerung. Man muss schon bis in die stalinistische Ära zurückgehen, um Übeltaten zu finden, die dem in einem stets gegen das russische Joch aufsässigen Tschetschenien derart verübten Pogrom ähneln. Man will in Erinnerung rufen, dass die Regierung in Grosny schwach war, dass sie in Tschetschenien kriminelle Banden sich hat festsetzen lassen, die versucht haben, das benachbarte Dagestan zu destabilisieren. Doch die Tschetschenien-Kampagne 1999 wird in den Annalen der Staatsverbrechen an herausragender Stelle stehen.

Der Züricher Tages-Anzeiger meint zum Erfolg von Bundeskanzler Gerhard Schröder beim SPD-Parteitag: Von einer flammenden Leidenschaft zwischen Schröder und der SPD konnte nie die Rede sein. Doch seit den Wahlschlappen im Herbst ist das Bemühen des Kanzlers offensichtlich, die Vernunftehe auf eine neue Grundlage zu stellen. Auf Rat seines Generalsekretärs Franz Müntefering stellte er sich vermehrt der Basis, suchte engeren Kontakt zu Parteilinken, ließ auf Regionalkonferenzen den Unmut von Genossen über sich ergehen. Dies braucht nicht bloßes Kalkül zu sein. Manche denken, dass die raue Wirklichkeit der letzten 15 Monate einen zweiten, veränderten Gerhard Schröder geformt hat. Denn der Erfolgsmensch Schröder hat erfahren müssen, wie einsam Niederlagen machen.

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