: Zur Sonne, zur Freiheit
LEBEN Artgerechte Tierhaltung ist eine Illusion, sagt der Tierrechtler Matthias Schönborn. Er fordert Freiheit und Selbstbestimmung für alle Lebewesen
■ 24, ist Mitglied bei Nandu, einem herrschaftskritischen Netzwerk mit dem Schwerpunkt Tierrechte.
taz: Matthias, warum seid ihr gegen Tierhaltung?
Matthias Schönborn: Menschen und Tiere haben gewisse gleichwertige Bedürfnisse: Es ist nicht vertretbar, dass die einen die anderen einsperren, um sie zu ihren Zwecken auszunutzen und zu manipulieren. Jegliche „Haltung“ beinhaltet ein Herrschaftsverhältnis und kann daher gar nicht im Sinne von Tieren sein, sei sie auch noch so „artgerecht“. Genau wie Menschen haben auch Tiere ein Recht auf selbstbestimmtes Leben – daher kann nur ein Leben in Freiheit wirklich artgerecht sein.
Welche Auswirkungen hat die Tierhaltung auf das Klima?
Für 1 Kilo tierisches Protein müssen etwa 10 Kilo pflanzliches Protein als Futter aufgewendet werden sowie etliche Tausend Liter Wasser – eine krasse Verschwendung wertvoller Lebensmittel. Düngemittel, Transportwege, die Abholzung von Regenwald für Futteranbau und das durch die Tiere ausgestoßene Methan tragen ihr Übriges zur Erderwärmung bei. Mindestens 18 Prozent der klimarelevanten Gase sind laut UNO auf die Tierhaltung zurückzuführen. Würden wir darauf verzichten, wäre schon eine Menge gewonnen.
Hätte ein Verzicht auf Tierhaltung auch Auswirkungen auf das Welthungerproblem?
Mit Tierprodukten lassen sich bei gleicher Anbaufläche viel weniger Menschen ernähren als mit Pflanzen. Natürlich hätte eine Umstellung auf mehr pflanzliche Lebensmittel keinen Einfluss auf das herrschende Verteilungsproblem. Aber der hohe Fleischkonsum der Industrienationen verschärft die Schieflage massiv. Ohne die Flächenverschwendung durch Tierhaltung wäre sogar ein weltweiter bio-veganer Landbau möglich, für den bei herkömmlicher Viehwirtschaft die Fläche fehlt. Im Norden würde man nicht an Überfettung und Herzinfarkt durch zu viel tierisches Eiweiß sterben und im Süden nicht an Hunger.
Also, go vegan for a better world?
Genau.
INTERVIEW KATHARINA ULLRICH, FLEISCHLOSE FREEGANERIN