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■ Zur EinkehrIm Agave

Bis nach Hannover hatte es sich herumgesprochen, daß am Bremer Hillmannplatz ein Restaurant für kalifornische Spezialitäten eröffnet hätte. Sogar reserviert hatten die Freunde aus Hannover – einen Tisch für vier. Aber das war nicht nötig – der große Gastraum mit den schlüsselfertigen Requisiten fürs kalifornisch-mexikanische Steril-Ambiente blieb weitgehend leer. Trotzdem: Viel Geduld brauchten wir. Und mexikanische Gelassenheit, um nach einer dreiviertel Stunde an unser Essen zu kommen.

Zweimal „Nutty Rocket Salad“ – Rucola, Birnen, Pinienkerne, Gorgonzola, Raspberry-Vinaigrette (neun Mark). Zweimal waren die Pinienkerne durch Sonnenblumenkerne ersetzt, was die freundliche Bedienung erst nicht glauben wollte, dann in der Küche bestätigen ließ und als bedauerliches Versehen entschuldigte. Ansonsten: Gorgonzola-Randstücke, lappige Rucola-Blätter.

Dann kam „Goi Tom“ – Vietnam-Shrimp-Noodle-Salad, Sojasprossen, Karotten, Lauchzwiebeln, Reisnudeln, sweet and sour Sauce, geröstete Erdnüsse (14,50 Mark). Auf reichlich Reisnudeln als Sättigungsbeilage gebettetes Gemüse in scharfer Sauce, vielleicht sind auch ein paar Shrimps darin geschwommen. Doch das war nicht mehr zu ermitteln, denn der Kritiker stieß auf Haushaltsgummi. „Das ist noch nie vorgekommen“, bekannte die freundliche Bedienung. Durchaus möglich. So lange gibt es das Restaurant auch noch nicht. Die Gäste aus Hannover machten gute Miene und waren froh, endlich überhaupt etwas vorgesetzt zu bekommen. Die „Tortellini Sausalito“ – gefüllt mit Spinat, Ricotta, sudried tomato cream, Shiitakepilzen, Pinienkernen und Parmesan (18,50 Mark). „Sundried tomato cream“ – muß die, mit polyglotter Speisekartenpoesie gewürzt, nicht per se besser schmecken als gemeine Tomatensauce? „Okay“, befand vernichtend uneuphorisch die Freundin aus Hannover. Bliebe der Fisch: „Pacific Rim Grilled Salmon“ – firsches Lachsfilet, mariniert, gegrillt, in Teriyaki-Sauce, Estragon orzo (!), Gemüsejulienne (26 Mark). „Der Lachs war gut“, sprach der Esser versöhnlich und schwieg zur Beilage.

Trost für ans Absurde grenzende Wartezeiten und marinierte Haushaltsgummis bot die freundliche Bedienung („Hat's geschmeckt?“) dann statt in Worten in Form von Likören an. Neulich übrigens wurde ein Pärchen, das gerade die Speisekarte des „Agave“ studierte, ungefragt von einem jungen Mann ins Vertrauen gezogen: „Da würde ich jetzt nicht reingehen! Die sind heute nicht gut drauf!“ mu

„Agave“, Hillmannplatz

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