■ Zur Busspur auf dem Ku'damm: Die Häschenrevolution
Jetzt wird unser armer Verkehrssenator schon wieder übel beschimpft. Die zeitlich begrenzte Busspurregelung auf Berlins Einkaufsmagistrale sei einer Weltstadt nicht würdig, sei ein Schildbürgerstreich und was dergleichen Vorwürfe mehr sind. Gemein und ungerecht ist das. Diese Schreihälse sind nur zu dumm, den geradezu genialisch subversiven Charakter jener Maßnahmen zu erkennen, die das größte und bestgetarnte Öko-Umerziehungs-Programm aller Zeiten (GrÖPraZ) ausmachen. Kein Wunder, daß die Verkehrsverwaltung anderthalb Jahre gebraucht hat, um es zu entwickeln – so lange dauert der Streit um die Busspur schon.
Und so hat sich der – gerüchteweise heimlich den Grünen beigetretene – GrÖPraZ-Führer (Tarnname „Häschen“) sein Programm gedacht: Wer unter den Autofahrern überhaupt noch den Mut hat, den Ku'damm zu benutzen, dem werden zwei Möglichkeiten aufgezwungen. Die erste: Er setzt alle hundert Meter zur Vollbremsung an, um die Schilder mit den komplizierten Details der Regelung in aller Ruhe zu studieren und gegebenenfalls mit derselben Ruhe die Spur zu wechseln. Undercover-Verkehrsberuhigung dieser Art kommt gänzlich ohne die verhaßten Tempo-30-Schilder aus und hat zudem, qua Auslese der dabei zu Schrott gefahrenen Wagen und der psychiatriereif gequälten Fahrer, eine spürbare Reduzierung des Autoverkehrs zur Folge. Die zweite Möglichkeit: Der Fahrer tippt sich an die Stirn, widmet Herwig Haase eine unzitierbare Schimpfkanonade und startet durch, ohne auch nur ein einziges Schild und eine einzige Regel zu beachten. Eine Maßnahme, der 68er und Altlinke nur das Prädikat „besonders wertvoll“ verleihen können, führt sie doch a) zum Verlust jeder Obrigkeitstreue, b) zur antiautoritären Infragestellung aller Gesetze und dadurch c) zum einem besseren Ruf der Deutschen im Ausland. Was will man mehr? Es lebe die Häschenrevolution! Ute Scheub
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