piwik no script img

Zur Bremer FDPCDU hat „versagt“

■ FDPler kritisieren Koalitionsvereinbarung, obwohl sie zurückgetreten sind

Die Repräsentanten der FDP passen in eine Telefonzelle. Diesen Witz über sich selbst machten vergangene Woche FDPler, die eigentlich gar kein Partei-Amt mehr bekleiden: namentlich Claus Jäger, Ex-Wirtschaftsssenator und „Mitglied im FDP-Landesvorstand“ sowie Magnus Buhlert, „stellvertretender Landesvorsitzender der Partei“. Daß der Landesvorstand nach der Wahlniederlage eigentlich komplett zurückgetreten war, spielte keine Rolle: Deshalb werde man sich doch nicht ausblenden – sondern trotzdem seine „liberale Stimme“ erheben zum neuen Koalitionsvertrag.

Den zurückgetretenen FDP-Landesvorsitzenden und Spitzenkandidaten Peter Braun hatten beide dann aber doch zuhause gelassen. Braun, der die verlorene Wahl auf seine Kappe nahm, könne man doch nun wirklich nicht ..., machte Magnus Buhlert vor Journalisten klar. Und sagte über sich selbst: „Ich bin eigentlich zurückgetreten, aber die Arbeit mache ich natürlich noch weiter“. Im Oktober dann stünden Neuwahlen an – auf der Klausurtagung der Partei im Juli werde man erstmal „inhaltliche“ Fragen entscheiden.

Solange also hülle man sich zur Nachfolger-Frage Brauns noch in Schweigen, erklärte Claus Jäger (“dazu sage ich nichts“) und zog dafür mit dem ebenfalls mitgebrachten Bremer Rechtsanwalt und FDP-Parteimitglied Axel Adamietz (“er stand immerhin auf einem aussichtsreichen Listenplatz“) erste Koalitionsbilanz.

Und die fing mit einer CDU-Schelte an: „Die haben uns doch die Wähler weggenommen“, analysierte der ehemalige Wirtschaftssenator – mit einem Wahlkampf, der Stimmung gegen eine absolute SPD-Mehrheit machte. Der Koalitionsvertrag zeige, daß sich die „CDU mit der Rolle als Juniorpartner abgefunden hat“. Beispiel Hollerland: Obwohl die CDU mitregiert, seien immer noch fast 20 Prozent Bremer Fläche hoheitliches Schutzgebiet. „Bremen hat keine Planungshoheit, es wird Zeit, daß das jemand ändert.“

Stattdessen gebe es keine Entlastungsstraße durch's Hollerland – und auch bei der Linie 4 hätte die CDU klein beigegeben. Bei der Schulpolitik hätten sich die Christdemokraten ebenfalls nicht durchsetzen können: „Die SPD-Schulpolitik geht weiter“. Unzufrieden sind die Liberalen auch mit der Flächenpolitik: In den alten Hafenrevieren müßte Wohnen entstehen, meinte Jäger: „Bremens Problem sind nicht die Gewerbeflächen, die sind abgedeckt. Das dringendste Problem ist der Aderlaß Bremens durch die Abwanderung kräftiger Steuerzahler ins Umland.“

Völlig über den Tisch ziehen lassen habe sich die CDU bei der Bundesratsklausel. Da habe die CDU „schlicht versagt“, urteilte Jäger – und ließ auch an der geplanten Ausstattung aller CDU-Ressorts mit zwei Staatsräten kein gutes Haar. Der CDU sei es mehr darum gegangen, an den „Fleischtöpfen der Macht zu bleiben, als ihre politischen Vorstellungen durchzusetzen“ – bilanzierte der FDPler: „Daß dies dem bürgerlichen Wählerwillen entspricht, vermag ich nicht zu erkennen“.

Das Wort „bürgerlich“ indes, verkündeten die Jungen Liberalen nach den Wahlen, wollten sie in Zukunft nicht mehr hören: Sie forderten eine „radikale politische Erneuerung der Partei“. Doch auf die, so machten die von der CDU verprellten Herren klar, müsse man noch ein bißchen warten. kat

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen