piwik no script img

Zum dritten Mal in sieben WochenAbschiebung ins Gefängnis

Familie Cindo aus NRW wird nach ihrer Ankunft in Syrien verhaftet. Innerhalb von sieben Wochen endet so zum dritten Mal eine Abschiebung nach Syrien im Gefängnis.

Zum dritten Mal innerhalb von sieben Wochen: Abschiebung in syrisches Gefängnis. Bild: Rupert Ganzer - Lizenz: CC-BY-ND

BREMEN taz | Donnerstag, 8. Oktober, 5 Uhr morgens. Polizisten kommen in das Asylbewerberheim Rote Mühle in Lübbecke bei Bielefeld. Seit 2001 lebt hier die jesidische Familie Cindo. Die abgelehnten Asylbewerber, Angehörige einer kurdischen Volksgruppe, werden nach Damaskus abgeschoben - und sitzen seitdem in Syrien im Gefängnis.

Laut Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) wurden die 55-jährige Witwe Sexa Cindo, ihre 22-jährige Tochter Fatima und drei Söhne im Alter von 19 bis 21 am Flughafen verhaftet. Sie sollen in Deutschland an antisyrischen Demonstrationen teilgenommen haben. Das erfüllt laut GfbV den Tatbestand der "Beschädigung des Ansehens Syriens im Ausland".

Innerhalb von sieben Wochen endet so zum dritten Mal eine Abschiebung von Deutschland nach Syrien im Gefängnis. Zuletzt traf es Khalid Kenjo. Der Kurde wurde am 1. September abgeschoben und verschwand kurz darauf in Syrien nach einer Vorladung beim Geheimdienst. Erst vier Wochen später konnte er im Gefängnis mit einem Anwalt sprechen (taz vom 12. 10.). Auch Kenjo soll "falsche Informationen über Syrien" verbreitet haben. Laut Innenstaatssekretär Peter Altmaier will die Bundesregierung den Vorgang "weiter beobachten".

Oppositionelle und Angehörige der kurdischen bzw. jesidischen Minderheit werden in Syrien verfolgt. Das Auswärtige Amt nennt die Menschenrechtslage unter Präsident al-Assad "unbefriedigend", es gebe "Folter, Misshandlung von Gefangenen und ,Verschwindenlassen'." Laut der GfbV soll "schon für kleine kritische Bemerkungen über das Regime systematische, grausame Folter" angewendet werden. Fünf Menschen starben laut Amnesty International 2008 in syrischen Gefängnissen.

Nach dem Inkraftreten eines Rücknahmeabkommens mit Syrien im Januar begannen deutsche Ausländerbehörden im Sommer, die ersten von etwa 7.000 Geduldeten dorthin abzuschieben. Die GfbV, Pro Asyl und andere Organisationen fordern von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) die sofortige Aussetzung des Abkommens. Dessen Sprecher weist die Verantwortung jedoch zurück: "Für Abschiebungen zuständig sind die Länder."

Für die Cindos ist die behördliche Zuständigkeit im Moment einerlei. Die Schwester der zuckerkranken Sexa Cindo habe in Syrien versucht, Näheres über die Lage ihrer Angehörigen herauszufinden, berichtet ein Freund der Familie. Doch ohne Erfolg: "Man kriegt null Informationen."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • U
    ungläubig

    Ich denke der Deutsche Staat hadelt teilweise ohne nach zu denken!

    Mein Verlobter sitzt seit einer Woche in Abschiebungshaft von der Ausländerbehörde durfte ich mir anhören ich könne ja mit meinen Verlobten nach Syrien ziehen nur mal zur info ich bin deutsche staatsangehörige!

    Mein Verlobter und ich haben seit januar versucht zu heiraten doch unsere unterlagen sollten in syrien neu geprüft werden würden aber laut Ausländerbehörde nie abgeschickt da es ja ich ziteiere " Es steht nun mal seit 1997 fest das ihr verlobter nach syrien soll somit brauchen sie ihn auch nicht in deutschland heiraten können auch zusammen nach Syrien gehen!" was fällt solchen menschen ein mein verlobter ist mit 8 jahren her gekommen er konnte nichts dafür aber in syrien würde er nicht zurecht kommen! Wen er zurück muss wird er nicht lange leben den er ist psychisch krank und das ist mehrfach nachgewiesen!

    Selbst ausländerfeindliche sprüche durfte ich mir mit meiner schwägerin anhören!

  • WA
    W. Affenlobbyist/in

    Schon seltsam

    Leute bekommen kein Asylstatus weil nicht politisch verfolgt und dann kommen sie kollektiv in den Knast?

    Prima dass die Kommentare dazu den Soundtrack liefern ohne den nicht der mieseste Film auskommt.

    Macht euch nichts daraus TAZ. Ihr habt noch relativ vernünftige Leser. Meine Sichtweise, aber vielleicht teilt ihr die ja,ist; web 2.0 macht es dass das intelligenteste Kommentar gleichzeitig dass dümmste ist.

    Da kommt die Family und muss mittenmang solcher

    Leute leben und sich zwischen diese integrieren um

    dann verhöhnt zu werden wenn sie in ihrer Heimat

    im Knast landen und ersteinmal verschwinden.

    Bravo, deutsche Internet(ab)user und Tazartikel kommentierer, ihr lasst euch nicht so leicht was vormachen, dazu habt ihr einen zu guten Überblick

    und seid belesen genug um nicht genau zu wissen wie der Hase läuft, aber warum verschwindet ihr mit eurer Familie nicht mal Spurlos für eine Weile

    ?

  • N
    Nadi

    Die Situation für Kurden in Syrien ist seit Bestehen des unabhängigen Syriens vollkommen unbefriedigend. Das sollten die deutschen Behörden wissen. Aber da sind wir ja beim Thema: In Deutschland leben ein paar Tausend Kurden, die aus dem Grenzgebiet Mardin/Türkei/Syrien stammen und die weder von Syrien, noch von der Türkei eine Staatsangehörigkeit erhalten.

    Diese Leute werden in Deutschland nicht integriert und viele von denen leben seit mehr als 30 bis 40 Jahren in ungeklärten sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen.

    Das Augenmerk der deutschen Behörden liegt aber immer nur auf Abschiebung. Das wird als Lösung propagiert und jetzt umgesetzt. Afghanischen Flüchtlingen erging es ähnlich - auch diese Leute wurden einfach in Kabul ausgesetzt, oft nach zig Jahren in Deutschland.

     

    @Claudia und Frank Walter

    Die Frage stellt sich wohl ein wenig anders: Welche Christen werden in Syrien unterdrückt? Und wo?

    Das würde ich konkreter benennen, bevor ich jemanden moralisch sehr stark angreife. Außerdem geht es hier um Kurden in Syrien bzw. die Abschiebepolitik unserer Landesregierungen.

  • E
    eppelein

    Kirche im Dorf lassen. Wer zu uns flieht und dann noch im Asylverfahren nix anderes zu tun hat als sofort auf Demos rumzurennen dem muß klar sein dass die Priorität ins Auge geht. Wollte er hier geschützt leben oder Deutschland benutzen?

  • A
    aso

    Man sollte doch nicht den Fehler begehen, und totgeglaubte imperialistische Maßstäbe an andere souveräne Staaten anlegen.

     

    Syrien hat als Mitglied der OIC (Organisation der Islamischen Konferenz), der Kairoer Erklärung der Menschenrechte zugestimmt, die bestimmt, daß Rechte nur im Einlang mit der Scharia gelten.

     

    Das heißt auch, das die Unumstößlichkeit der Religionsfreiheit nicht anerkannt wird.

    Falls der Westen die 57 Staaten der OIC anerkannt hat, wäre es heuchlerische Doppelmoral diesen gleichzeitig jegliche rechtsstaatliche Prinzipien abzuerkennen.

     

    Diese Staaten haben ein Rechtssystem, und zwar die Scharia, die allein, oder in Kombination mit anderen Rechtssystemen angewandt wird.

     

    Diese Länder als Souveräne Staaten anzuerkennen, aber gleichzeitig zu jammern, daß sie ein ANDERES Rechtssystem und Rechtsempfinden haben, als der Westen ist entwürdigend und entmündigend und ein tiefer Rückfall in imperialistische Denke.

     

    Zu diesem anderen Rechtsystem mag z.B. gehören, daß als „Routinemaßname“ alle Abgeschobenen

    im Gefängnis befragt werden.

    Würde der Westen und insbesondere GfbV, HRW, Amnesty, etc. nur seine westlichen Maßstäbe gelten lassen, wäre dies unzulässige Diskriminierung, demnach dürfte im Prinzip niemand abgeschoben werden.

     

    Denn die Doppelmoral ist doch offensichtlich, wenn im Westen für die regressiven Rechte von Muslimen (z.B. Kopftuch) gestritten wird, doch gleichzeitig die übliche Rechts-Praxis in deren Ländern bei Abschiebung (warum nur in solchen Fällen? ) angeprangert wird.

     

    Der Wille, sich an gültige Gesetze zu halten, die ganz klar eine Abschiebung bei Ablehnung des Asylantrags vorsehen, ist scheinbar nicht gegeben.

    Auch wenn ganz offensichtlich berechtigte Gründe vorliegen, wie im Falle von Serien-Intensiv-Straftätern, ist in Unterstützerkreisen nicht mit Einsicht zu rechnen.

  • CU
    Claudia und Frank- Walter

    Warum hört man von taz und der GfbV eigentlich nichts über bedrohte Christen in Syrien, Lybien,

    Türkei?

    Komisch ist sowas; da muss fast denken Ihr seid rassistisch.

    Nicht ein einziger Artikel über verfolgte Christen, Kopten in Ägypten und Anatolien.

    Schämen solltet Ihr Euch!!!