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Zum Wochenend

Es ist hart. Aber manchmal ist die Wahrheit, vor allem die nackte, schwer zu ertragen. Den Sommer kann man in diesem Jahr in der Pfeife rauchen. Ein schönes Bild – auch wenn es nicht funktioniert, weil der Sommer so feucht ist, daß er kaum in Rauch aufgehen wird. Bleibt also nur die nackte, vor Kälte bibbernde Wahrheit: Eine Schwalbe macht zwar ab und an einen Elfmeter, aber eben keinen Sommer.

Was wir Ihnen eigentlich in aller Deutlichkeit sagen wollen: Ihre gesamte Sommerausrüstung, die sie voreilig in den letzten Wochen mit der Aussicht auf prächtige Sonnenbrände, entzückende Mückenschwärme und herrlich verkohlte Würstchen zusammengetragen haben: Diese Sommerausrüstung können Sie aus naheliegenden Gründen ebenfalls komplett in der Pfeife rauchen.

Das wirft Probleme auf. Denn die Pfeife ist bekanntlich schon voll. Aber zum Glück haben Sie ja uns, die wir uns für unsere geliebte Zielgruppe gerne den Kopf über ungelegte Eier zerbrechen. Wrumms! Herrlich: Wieder so ein Bild voll vor die Wand gesetzt. Wenn Wörter hauen könnten ...

Können sie aber nicht. So denn, unser kluger Rat für Sie: Aus T-Shirts lassen sich tolle Putzlappen machen. Wenn man Badehose und –anzug phantasievoll zusammennäht, können Dinge entstehen, die das Liebesleben vor ganz neue Aufgaben stellen. Und auch für die Bratwürste gibts 'ne naheliegende Lösung. Zaun im Garten ziehen, Würste reinpfeffern. Und bei kontinuierlicher Wasserzufuhr von oben und ökologisch vorbildlicher Haltung werden daraus bald wieder glückliche Schweine.

Schon gut. Ist vermutlich Blödsinn. Wir ziehen Sie runter. Und das in den 90ern, wo sowas mega aus der Mode gekommen ist. Nun denn: Wir können auch anders.

Am Samstag, bei herrlichstem Sonnenschein, schauen Sie sich im Bürgerpark die Shakespeare Company an, die dort unter strahlend blauem Himmel Viel Lärm um nichts macht (Melchersbrücke, 20 Uhr). Oder Sie suchen sich ein schattiges Plätzchen im Jungen Theater und ergötzen sich dort an Heide Simonis' Lieblingsstück Kanak Sprak (20 Uhr). Oder Ihnen steht der Sinn nach gepflegtem Irrsinn mit Musik: Dann ist das Moments mit dem Auftritt der Schweizer Performanceband Les Reines Prochaines das Richtige für Sie (21 Uhr). Tags darauf spazieren Sie bermudahosig mit belladonna herum, um das Oster- und Steintorviertel feministisch zu erkunden (Am Wall 207, 14 Uhr). Zuvor bräunen Sie noch die gestern vernachlässigte Seite im Bürgerpark, wo die Shakespeare Company Gertrude Steins Die Welt ist rund zeigt (Melchersbrücke, 13 Uhr). Und abends holen Sie die armen Würstchen aus dem Garten, legen sie auf den Rost und hoffen, daß unsere Prophezeiung nicht doch wahr ist. Aber wenn die Würstchen quieken sollten, dann wissen Sie ja schon: Die Wahrheit ist manchmal schwer zu ertragen. taz

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