Zum Schutz vor Lügen und bösen Gedanken

■ Ramadan ist für MuslimInnen mehr als nur Fasten – und Fasten mehr als nichts essen

Die 30 Tage des 9. Monates des islamischen Mondjahres, des „Brennenden Feuers“, wie sich Ramadan in etwa übersetzen läßt, sind gedacht als eine Zeit der geistigen Einkehr und Erneuerung. Sich vom Morgengrauen (Imsak) bis zum Untergang der Sonne (Aksam) von Essen, Trinken, Rauchen, Geschlechtsverkehr und anderen Genüssen fernzuhalten, gilt als eine körperliche Art des Gottesdienstes.

Gefeiert wird Ramadan seit 579 n. u. Z. Der Beginn verschiebt sich mit jedem Jahr zehn Tage nach vorne. Den Hintergrund der Entstehung bildete, so Osman Tirasçi, Hoca (Geistlicher) der Moschee an der Feldstraße, ein Gebot Allahs an den Propheten Mohammed. Das Fasten stärke das Durchhaltevermögen der Muslime, schütze „ihr Herz vor bösen Gedanken und ihre Zunge vor Lügen“. Ziel sei auch, den Wert von Essen wieder zu erkennen und Verständnis für die Situation der Armen zu entwickeln, andere zu schützen und ihnen zu helfen. Ramadan ist zudem die Zeit der Versöhnung. „Eigentlich sind dies alles Gebote, die nicht nur im Ramadan gelten“, so Tirasçi, „aber in dieser Zeit achten die Menschen besonders darauf.“

Von wann bis wann täglich gefastet werden muß, wurde früher von der Sonne abgelesen, heute werden die Zeiten wissenschaftlich berechnet. Für jede Stadt gibt es Tabellen mit den offiziellen Zeiten. Fasten muß jedeR gläubige MuslimIn, sofern er die Geschlechtsreife erreicht hat. Kinder müssen nicht fasten. Für Erwachsene sieht der Koran einige Ausnahmen vor: „Geistesschwache“ sind ganz vom Fasten befreit. Wer zur Zeit des Ramadan gerade krank oder auf Reisen ist oder ein Kind stillt, darf ebenfalls essen, soll das Fasten aber zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Gleiches gilt für alle, die durch Arbeit, Studium oder ähnliches stark belastet sind. Sogar verboten ist das Fasten Frauen während der Menstruation und im Wochenbett.

Bestimmte Verhaltensweisen, wie zum Beispiel das bewußte Ansammeln und Schlucken von Speichel oder Blutspenden mindern den Wert des Fastens. Dagegen macht es nichts, wenn man aus Vergeßlichkeit ißt oder trinkt – allerdings muß man sofort aufhören, wenn man sich erinnert. Erlaubt ist auch, etwas zu riechen oder sich zu schminken.

Wer aus gesundheitlichen Gründen niemals fasten kann und begütert ist, muß für jeden Tag etwas an die Armen spenden. Das Geld wird direkt übergeben, zum Beispiel an StudentInnen, um sie zum Lernen zu motivieren. Für alle MuslimInnen, die sich grundlos nicht am Fasten beteiligen, sieht der Koran Strafen im Jenseits vor. Auf jeden Fall ist ihnen verwehrt, was jene, die den Ramadan stets eingehalten haben, erwartet: durch eine Tür ins Paradies einzutreten.

Neben dem Fasten spielt das Gebet sechsmal am Tag eine große Rolle. Abends treffen sich dazu alle in der Moschee. Man kann aber auch zu Hause beten, wie es übrigens die Frauen das ganze übrige Jahr praktizieren. Zum Fastenbrechen besuchen sich die Familien gegenseitig. Dabei müssen als erste Speise Oliven oder Datteln gegessen oder es muß Wasser getrunken werden. Beendet wird der Monat Ramadan mit dem Zuckerfest Bayram, dem größten Fest im islamischen Jahreslauf. hedi