Zum Ende des Ramadan: Zucker für die Islamhasser
Das Ramadan-Ende wurde in Köln mit einem öffentlichen Kulturfest gefeiert. Wie diese Orientfantasie nach erster Aufregung doch Wirklichkeit werden konnte.
Es gab dann doch keine Zwischenfälle. Stattdessen roch es am Rheinufer rund um die Kölner Philharmonie am Wochenende nach Pfefferminztee und Wasserpfeifen, und aus bunten Zelten drangen persische Sufi-Poeme, traditionelle Klänge und moderner Orient-Pop. Im Schatten des mächtigen Kölner Doms hatten die Kölner Philharmonie und der WDR-Sender Funkhaus Europa eine kleine Zeltstadt aufgebaut, um unter dem Motto "Salam Ramadan" das Ende des muslimischen Fastenmonats mit einem Kulturfest zu feiern.
Während in einem Zelt das altmodische Schattentheater "Karagöz" aus der Türkei aufgeführt wurde, lief in einem anderen Fatih Akins Musikdoku "Crossing the Bridge", und während der Popautor Selim Özdogan seine Kurzgeschichten las, gaben im Konzertsaal der Philharmonie der ägyptische Popsänger Mohammed Mounir, die malische Songwriterin Rokia Traoré sowie der türkische Percussionist und Orchesterchef Burhan Öcal auf der Bühne das Mikrofon einander in die Hand. Kurzum: Eine Orientfantasie wurde Wirklichkeit. Zum Glück eine friedliche.
"Zum Glück gab es keinen Ärger", atmet der WDR-Journalist Francis Gay auf. Denn seit in der Stadt die ersten Plakate mit dem Festivalmotto "Salam Ramadan" geklebt wurden, hatte es einige Aufregung gegeben. So wurde etwa über die türkische Botschaft laut, dass sich manche Türken an der arabischen Schreibweise des Titels störten - auf Türkisch lautet das traditionelle Grußwort nämlich "Selam". Außerdem war man der Meinung, dass zu einem religiösen Fest eher religiöser Gesang gehöre und nicht ein profanes Kulturfestival.
Das hätte man noch als übertriebene Empfindlichkeit einer Minderheit abtun können, die gern ein Deutungsmonopol für sich beansprucht, wie man den Ramadan feiern sollte und wie nicht. In islamisch geprägten Ländern endet der Fastenmonats traditionell mit dem "Zuckerfest": Man feiert es mit Verwandten, Freunden und Nachbarn und bedenkt Kinder mit Süßigkeiten und kleinen Geschenken, was ein wenig an christliche Weihnachten erinnert - man muss bekanntlich nicht unbedingt religiös sein, um solche Feste zu schätzen. In Deutschland wird das "Zuckerfest" bislang nur im privaten Rahmen begangen. In islamischen Ländern dagegen ist es ein gesellschaftliches Ereignis, das mit öffentlichen Feierlichkeiten einhergeht.
Dass man in Köln nun an diese Tradition anknüpfen wollte, hat den Veranstaltern aber auch offenen Hass eingetragen. Bedrohlich klangen manche Schmähbriefe, die dem WDR deshalb ins Haus flatterten. Als eine einschlägig bekannte Muslimfresser-Website auf die Veranstaltung hinwies, wurden der WDR und die Philharmonie mit Protestbriefen und Hassmails überschüttet. Dass die meisten der Verfasser durchaus gewählt zu formulieren vermochten, lässt darauf schließen, dass sie in bildungsbürgerlichen Kreisen zu suchen sind: "Da wurden zum Teil seitenweise Suren zitiert, um den Beweis zu führen, dass der Islam eine gewalttätige Religion sei", erinnert sich Gay. "Oder es wurde beklagt, dass dafür öffentliche Gelder geflossen seien."
Möglicherweise handelt es sich ja auch nur um ein multikulturelles Missverständnis. "Vielleicht war ich ein wenig naiv", wundert sich Francis Gay. Für den gebürtigen Franzosen war es eigentlich eine Selbstverständlichkeit, das Ende des Ramadan mit einer solchen Veranstaltung zu feiern, schließlich haben Kulturfeste wie dieses in Frankreich unter dem Titel "Nuits du Ramadan" längst Tradition.
In der multireligiösen Stadt Köln, in der schon der Papst zu Gast war und die kürzlich erst einen Evangelischen Kirchentag überstanden hat, sollte ein Kulturfest zu einem islamischen Feiertag eigentlich kein Problem sein, sollte man meinen.
Aber die Stadt Köln ist schon ein seltsames Pflaster: Jahrelang hielt hier der radikale Islamistenführer Metin Kaplan im Stadtteil Nippes in seinem eigenen kleinen "Kalifatsstaat" Hof, ohne dass es deshalb zu öffentlichen Protesten oder gar Demonstrationen gekommen wäre - und das, obwohl die Türkei mehr als einmal ein hartes Vorgehen gegen den "Kalifen von Köln" gefordert hatte. Erst nach dem 11. September wurde seine Organisation kurzerhand verboten, er selbst vor drei Jahren in die Türkei abgeschoben. Doch seit der türkische Verband Ditib, fundamentalistischer Umtriebe völlig unverdächtig, in Köln eine neue Moschee baut, kochen dort die Emotionen hoch. Für den 11. September 2007 hatten die Publizisten Ralph Giordano und Udo Ulfkotte in Köln sogar eine Demonstration gegen die "schleichende Islamisierung Europas" geplant, die kurzfristig abgesagt wurde. Sie hätten in dem gestrigen Event wohl auch nur einen weiteren Beleg für ihre paranoide These erkannt.
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