Zukunftspläne von ZDFneo: Journalistenliebling verliert Sympathien
ZDFneo-Senderchefin Simone Emmelius will ihre Zitate aus einem Pressegespräch autorisieren. Dabei sollte sie eigentlich für den digitalen Spartenkanal werben.
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Journalisten mögen ZDFneo aus ähnlichen Gründen wie Arte. Da die Sympathien für die Davids des TV-Geschäfts, die Unkonventionelles wagen, so groß sind und zudem die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Digitalkanäle ein virulentes Thema ist, haben sich am Mittwoch rund 20 Journalisten in der Hamburger ZDF-Filiale zu einem Pressegespräch mit Neo-Geschäftsführerin Simone Emmelius eingefunden.
Abgesandte von Zeitungen, Branchendiensten, TV-Zeitschriften und Nachrichtenagenturen sind gekommen, auch von Spiegel und Focus. Sie wollen hören, was der Sender in den kommenden Monaten plant. Bevor es losgeht, erklärt eine ZDF-Pressesprecherin erst einmal die Spielregeln.
Die erste ist nicht ungewöhnlich: Manche Äußerungen, die Emmelius entsprechend kennzeichnen werde, seien vertraulich zu behandeln. Die zweite irritiert: Alle anderen Zitate, die man von der Senderchefin zu verwenden gedenke, möge man bitte vor dem Druck mit der Pressestelle „abgleichen“.
Geht’s noch, Mainzelleutchen?
Die Unsitte der Zitatautorisierung hat schon skurrile Blüten getrieben. Dass Teilnehmer einer Presserunde vor der Veröffentlichung ihres Textes jener Organisation, die zu dem Gespräch geladen hat, die für den Artikel vorgesehenen Zitate vorlegen müssen, gehört auch in diese Kategorie. Man erwartet solche Maßnahmen der bürokratisierten Kommunikationskontrolle nicht von einem gebührenfinanzierten 0,5-Prozent-Sender. Sind Themen wie neue Reportagereihen oder eingekaufte Serien hochbrisant? Oder vertraut man dem Hörvermögen der eingeladenen Journalisten nicht?
Warum ist der neo-Gucker nicht noch jünger?
Angesichts solcher Regeln drängt es sich auf, in diesem Text aus Protest keinerlei wörtliche Zitate von Emmelius zu verwenden. Zu Beginn des Gesprächs sagt sie, es sei bereits ein Erfolg, dass der Zuschauer von ZDFneo im Schnitt 51 Jahre alt sei, also zehn Jahre jünger als der des Hauptprogramms. Warum ist der neo-Gucker nicht noch jünger? Weil es schwierig sei, Publikumsschichten zu gewinnen, die sich von den Öffentlich-Rechtlichen bereits abgewendet haben, meint Emmelius.
Neue Zuschauer erreichen will man ab Ende August mit der Reportagereihe „German Angst“. Die soll sich Phänomenen widmen, die nach weit verbreitetem Dafürhalten als typisch deutsch gelten, die Angst vor Überwachung etwa. Rund einen Monat später startet „Junior Docs“, eine Reihe über das Leben junger Fachärzte. Langfristig ist ein eigenproduziertes Format aus dem Bereich Familienserie oder Sitcom geplant, in neoesker Anmutung selbstverständlich.
Und dann gibt es bei ZDFneo ja noch Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt, die Moderatoren der Talksendung „Neo Paradise“. Emmelius freut sich darüber, dass die im September in die nächste Staffel geht. Kein großes Thema eigentlich, aber für ZDFneo von Bedeutung, da ProSieben kürzlich verkündete, man habe die beiden immer mal wieder als TV-Show-Hoffnungsträger gepriesenen Moderatoren „exklusiv“ verpflichtet.
Dass dort am 21. Juli ihr „Duell um die Welt“ startet, ist nicht schön für Emmelius und ihr Team, schließlich hat man Klaas und Joko zu neo-Gesichtern aufgebaut. Es sei nicht zeitgemäß, Moderatoren vorzuschreiben, für welche Auftraggeber sie tätig werden, sagt Emmelius dazu. ZDFneo könne nur die Bedingungen dafür schaffen, dass sich die Mitarbeiter wohlfühlen – und das sei bei den beiden Herren ja offenbar der Fall.
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