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ZukunftDie Plastifizierung der Ozeane

Während die EU in Bremen ihren groß angelegten Meerestag feiert, bereiten sich Umweltgruppen auf ein Gegenprogramm vor.

Auf handelsüblichen Globen fehlt meist noch der 1997 entdeckte große pazifische Müllfleck. Bild: Henning Bleyl

BREMEN taz | Rischa deutet auf einen Globus, der ziemlich seltsam aussieht. Zwischen Hawai und Kalifornien haben sie und ihre Mitschülerinnen jede Menge Müll aufgeklebt. Die Meere sind verschmutzt, sicher, aber ist diese Plastik-Applikation nicht ein bisschen übertrieben? „Überhaupt nicht“, sagt Rischa, die am Leibnizplatz den Schwerpunkt-Kurs Biologie besucht. Der 1997 entdeckte „Great Pacific Garbage Patch“ sei so groß wie Westeuropa. In steten Strudeln zermahlt er den ständig hinzudriftenden Plastikmüll zu Mikroteilen.

Die SchülerInnen vom Leibnizplatz bereiten sich zusammen mit dem Bremer Bund-Meeresschutzbüro auf den „Tag des Meeres“ vor, der am Sonntag in Bremen begangen wird. Offiziell ist das eine Großveranstaltung der Europäischen Union. Während der angeschlossenen Konferenzen will sie ihre Strategie des maritimen Wirtschaftswachstums feiern, und Bremen lässt es sich 500.000 Euro kosten, dass die jährliche Hauptkonferenz diese Jahr an der Weser stattfindet. Federführend ist dabei das Wirtschaftsressort – Kritiker sprechen von einer „rein wirtschaftspolitisch fokussierten Leistungsschau für Technologie und Unternehmen“.

Wie elementar die maritime Müllfrage ist, zeigt eine vor wenigen Tagen publizierte internationale Studie, an der das Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut (AWI) und die Jacobs University beteiligt sind. Ihr Ergebnis: Das Ausmaß der Vermüllung der Meere ist noch dramatischer, als bisher angenommen. „Wir waren sehr überrascht, wie weit sich unser Müll in den Meeren schon verbreitet hat“, sagt die AWI-Biologin Melanie Bergmann.

Die ForscherInnen untersuchten 32 Regionen im Nordost-Atlantik, im Mittelmeer und im Arktischen Ozean, und fanden flächendeckend Müll, meist Plastik. Aufnahmen aus dem AWI-Tiefsee-Observatorium an der Framstraße bei Spitzbergen belegen, dass sogar die Tiefsee-Gräben betroffen sind. „Der Müll hat schon lange vor uns auch die weitgehend unbekannten Teile der Erde erreicht“, bilanziert sie.

Sehr viel Meer

Parallel zum offiziellen EU-Meerestag veranstalten zahlreiche Nichtregierungs-Organisationen ab Donnerstag im Konsul-Hackfeld-Haus eine alternative Meereskonferenz, die sich kritisch mit der EU-Strategie des "blauen Wachstums" befasst.

Einzelne andere Töne mischen sich auch ins Rahmenprogramm des offiziellen Meerestages, der am Sonntag zwischen Schlachte und Weserbahnhof steigt. Dafür sorgen Greenpeace und Seemannsmission mit Info-Ständen und der BUND mit "Talking Plastic"-Runden im Focke-Garten, bei denen WissenschaftlerInnen mit SchülerInnen unter anderem über die Vermeidung von Plastik diskutieren. Das ganze Programm: www.bund-bremen.net

Kunststoffe sind extrem beständig und überdauern im Meer hunderte von Jahren. Als besonders problematisch gelten die millimeterkleinen Mikropartikel, die laut Bergmann „eine willkommene Oberfläche für fettliebende Giftstoffe bieten“. So angereichert werden sie von Fischen und Langusten aufgenommen und gelangen per Nahrungskette zurück zu den Menschen.

Allein in der Nordsee landen Experten-Angaben zufolge jährlich 20.000 Tonnen Müll, was dem Gewicht von 4.000 Elefanten entspräche. Zweieinhalb bis drei Tonnen davon werden von Krabbenkuttern wieder heraus gefischt, im Rahmen des „Fishing for Litter“-Projekts von Nabu und dem Land Niedersachsen.

Rechnet man den Müll zusammen, der pro Jahr in sämtliche Weltmeere befördert wird, kommt man auf rund 10 Millionen Tonnen. Dadurch sterben jährlich eine Million Vögel und 100.000 Meeressäuger, schätzt Meeres-Expertin Nadja Ziebarth vom Bremer BUND. Gründe seien plastikgefüllte Mägen, Strangulation durch abgerissene Fischernetze und abgetrennte Gliedmaßen. Schildkröten verwechseln Quallen mit Tüten, Plastik-Kleinteile werden wie Plankton geschluckt.

Dazu kommen subtilere Risiken: der Eintrag von Medikamentenrückständen, Pestiziden und Hormonen, die über die Abwässer ins Meer gelangen. Bislang vergeblich fordern die Umweltverbände den verpflichtenden Einbau einer vierten Reinigungsstufe in Kläranlagen, in der Pflanzen und Aktivkohlefilter diesen Zufluss aufhalten. Bei Fischen komme es durch den ungebremsten Hormon-Eintrag sogar zu Geschlechtsumwandlungen, warnt die Bundesumweltstiftung. Zudem würde Antibiotika-Resistenzen von Bakterien Vorschub geleistet.

Die SchülerInnen vom Leibnizplatz haben sich überlegt, wie sie diese Zusammenhänge sinnlich darstellen können: Zum Beispiel mit großformatigen Molekül-Modellen, deren weiße Kügelchen wohlgemerkt nicht aus Styropor, sondern aus Watte bestehen. „Darauf haben meine Schüler großen Wert gelegt“, sagt Biologielehrerin Sabine Martens. Aber wie stellt man dar, dass ein Fleece-Pulli pro Waschgang an die 2.000 Mikrofasern verliert?

100 Milliarden Plastiktüten verbrauchen die EU-Bürger pro Jahr. Auf Bremen herunter gerechnet sind das 76 Tüten pro Einwohner – aber das ist ja nur ein Teil des persönlichen Plastikkonsums. Eine Schülergruppe vom Leibnizplatz hat probiert, eine Woche lang plastikfrei einzukaufen. In normalen Supermärkten sei das schwierig gewesen, erzählen sie. „In den türkischen Läden sind wir da schon weiter gekommen“, sagt Nadine. Die Erfahrung ihres einwöchigen „Plastik-Fastens“ haben sie auf eine beeindruckende Zahl hochgerechnet: 221 Kilo Plastik betrage der jährliche Plastikverbrauch pro Person.

26 Säcke Müll hat eine weitere Schülergruppe, die sich mit den Wegen des Plastiks ins Meer beschäftigt, innerhalb von zweieinhalb Stunden am Weserufer zusammen gesammelt – übrigens nur eine Woche, nachdem die Aktion „Bremen räumt rauf“ hier tätig war. Auf dem Meerestag wollen sie ihre Erfahrungen nun mit Schautafeln darstellen. „Die lassen wir noch laminieren“, erklärt eine Schülerin. „Wobei wir sie ja auch hinter Glas zeigen könnten.“

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5 Kommentare

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  • Ob nun Kugelblitze, Yetis oder Frühtoterfahrungen, von allem existieren mittlerweile FOTOS, nur von diesem angeblichen Strudel nicht.

    Ich bin weltweit erfahrener Tauchlehrer und weiß was für ein Dreck in den Meeren schwimmt. Aber diese permanente Panikmache und maßlose Übertreibung, geht einem dermaßen auf den Senkel, dass sich die Aktivisten völlig unglaubwürdig machen und dadurch genau das Gegenteil bewirken: Die Leute interessiert es nicht!

    Wann lernen Greenpeace und Co endlich mal die Kirchen in den Dörfern zu lassen. Ist so wie bei Schäfer, dem nach dem 10. Hilferuf auch keiner mehr helfen wollte, und da kam der Wolf tatsächlich.

    Weniger ist mehr!

    • @HonkYtonk:

      und ich weiss auch nicht, was sie fuer fotos erwarten - wilde strudel aus fluessigwaschmittelflaschen. sie sollten dann als tauchlehrer dann aber auch wissen, dass es sich bei dem garbage patch um ein riesiges areal handelt, in dem wissenschaftler in allen proben kleinste partikel aus dem wasser gefiltert haben, die dort einfach nicht hingehoeren. kleingerieben, die man einfach auch nicht so sehen kann, ob nun aus 1 meter, 10 oder 100 meter entfernung fotografiert

    • @HonkYtonk:

      aber auch so ein quatsch. wenn man informiert, ist das panikmache? oder fuehlen sie sich in ihrer seelenruhe gestoert?

      hier noch mal ganz ohne PANIK (AHHHHHH!!!!!!):

      great pacific garbage patch ist so gross wie westeuropa (nur so zur info - auch fuer sie als tauchlehrer, das ist wohl nicht so ihr haupteinsatzgebiet, nehme ich an)

      -10 millionen tonnen plastik jaehrlich

      - 1 million tote voegel

      - 100.000 tote meeressaeuger durch verschlucken, verhungern, strangulation, abgerissene gliedmassen

      - steigende hormonbelastung und antibiotikaeintrag in gewaessern mit langfristigen schwerwiegenden folgen

       

      ich weiss schon, was sie meinen. um die menschen dazu zu bringen, etwas zu aendern, muss jeder selbst drauf kommen. aber ohne stete information - wie wollen sie das denn sonst erreichen?

      war das jetzt zu hysterisch?

      • @the real günni:

        Ja, genau, so groß wie Westeuropa! Können Sie mir auch mal erklären wie groß "Westeuropa" ist, oder können sie nur abschreiben was Sie gelesen haben?

        Ich empfehle mal einen Blick auf Google-Maps (oder Bing oder was auch immer) und schauen Sie da mal nach "Westeuropa" und setzen das in den Ozean daneben. Wir könnten problemlos Asphaltieren und anschließend nach New York laufen, wenn das auch nur annähernd wahr währe. Kaum zu glauben, dass es wirklich Leute gibt die so einen Mist glauben.

        In meiner Jugend ging ich auf die IGS und hatte Leute wie Sie als Lehrer. Schon damals wurde jeden Tag ein Gebiet von Deutschland im Amazonas abgeholzt und in spätestens 5 Jahren war der Wald vom sauren Regen total zerstört. Merkwürdig nur dass nicht nur der Regenwald noch steht (ist immerhin 30 Jahre her) sondern auch der deutsche Wald einigermaßen fit ist.

        Ich kann Ihnen gar nicht beschreiben wie mir diese erbärmlichen, jämmerlichen Übertreibungen zum Halse raus hängen!!!

        Und ist ja ganz nett dass Sie mit meinem "Haupteinsatzgebiet" meinen Job ins Lächerliche ziehen wollen, aber im Vergleich zu Ihnen, habe ich schon kilometerlange vermüllte Strände gesehen, inklusive zugemüllte Dörfer am Meer. ZB Dahab in Ägypten, ist in zweiter Reihe eine Einzige Müllhalde. Da liegt nicht hier und da mal ein Papierchen auf der Stasse. Nein. Da liegt einen halben Meter hoch der Müll und verdeckt die Strasse. Alles was in den teuren Touri-Bettenburgen gesammelt und getrennt wird, landet dort auf den Strassen. Natürlich nicht dort wo sich die Touristen und Taucher aufhalten. Und was ich noch zu Hauf gesehen habe, und zwar live, sind tote Tiere wie Schildkröten, die an diesem Plastikmüll verreckt sind oder in Netzen verendet sind.

        Also, ich hab den ganzen Shyce live erlebt, und nun wollen Sie mir von Ihrem Schreibtisch in Deutschland ausrechnen wie groß "Westeuropa" ist?

        Lächerlich!

        • @HonkYtonk:

          ja und genau was ist jetzt ihr problem?

          und wissen sie auch, was genau der grund ihrer augenscheinlich haltlosen empoerung ist?