Zukunft des Buchs auf dem Taz-Kongress: Der Autor als Bäcker?
Bei der Diskussion über die Zukunft des Buches in Zeiten der Digitalisierung bekommen sich Netzgeneration und Verleger kräftig in die Haare.
„Wir erleben derzeit einen Kulturwandel vergleichbar mit der Erfindung des Buchdrucks“, sagt Andreas Bogk, Sprecher vom Chaos Computer Club. Und sagt dann, dass es derzeit schwerwiegendere Probleme gibt als die Frage, wie ein Autor seine Miete bezahlt. Nämlich den Klimawandel oder die schwindenden Ölreserven. Klatschen im Saal, aber auch nach unten gesenkte Daumen sind die Antwort aus dem Publikum.
Die Stimmung ist aufgeheizt in dem überfüllten kleinen Konferenzraum, in dem sich die Leute wie zu den übelsten Unizeiten auf den Boden gekauert haben. Immer wieder werden Zwischenrufe eingeworfen. Und auch das Vokabular der Diskutanten ist erfrischend ungestelzt. „Wenn sie jetzt noch das Stichwort „Geschäftsmodell“ in den Raum werfen, kotze ich auf den Boden“, ruft einige Minuten später erregt Christian Sprang, der Justiziar des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, der eigentlich nicht so aussieht, als würde er solche Worte in den Mund nehmen.
Es ist eine heitere, hitzige Diskussion über Ebooks, Privatkopie und Kulturflatrate, die am Ende jedoch zum nicht ganz überraschenden Ergebnis führte, dass die Verlage und die Netzgeneration im Umgang mit Büchern im Onlinezeitalter auf keinen grünen Zweig kommen.
Valie Djordjevic, Redakteurin der Urheber-Informationsseite iRights.info, ärgert sich über den Begriff der kriminalisierenden Begriff „Raubkopie“. Argumenten von der Verlagsseite, die um das Überleben von Autoren fürchten, wenn Bücher nichts mehr kosten, entgegnet sie, schon heute könnten viele Autoren ihren Lebensunterhalt von den Einnamen, die sie dem Urheberrecht verdanken, kaum bestreiten. Man müsste darüber nachdenken und ausprobieren, über welche anderen Wege Autoren Geld verdienen könnten - etwa über Lesungen oder Merchandising.
Auch CCC-Sprecher Bogk stellt das bestehende Urheberrecht in Frage: Ein Bäcker erhalte für sein Brötchen nur einmal Geld, ein Autor bekomme Geld für jede Kopie. Eine historisch gewachsene Tradition, die nicht mehr zu rechtfertigen ist, wenn die Verbreitung der Inhalte praktisch nichts mehr kostet, argumentiert Bogk.
Helge Malchow vom Verlag Kiepenheuer & Witsch warnt davor, vor der „illegalen Entwicklung“ des Downloadens zu kapitulieren – denn während in der Musikindustrie über Livemusik Geld verdient werden kann, würden derartige Modelle im Buchsektor wohl nicht funktionieren. Und Buchhandel-Justiziar Sprang geißelt die Idee einer Kulturflatrate, bei der ein einmaliger Betrag für heruntergeladene Kulturgüter bei den Autoren verteilt wird, als „Content-Kommunismus“. Ein solches Modell könnte sich zwar für die Autoren des x-ten Spaghetti-Kochbuchs lohnen – nicht aber für Autoren spartiger Bücher zu Spezialthemen wie Geigenbau.
Und schließlich finden beide Seiten doch ein kleines bisschen zu einander. Es werde Zeit, das Internet auch als potentielle Marketingplattform zu verstehen, meint Bogk. Und schlägt vor, einen Kaufanreiz zu schaffen, indem man ein Buch zwei Wochen vor seinem eigentlichen Erscheinen vorab im Netz veröffentlicht – ohne die letzten zwei Kapitel. „Machen wir schon“, ruft Malchow rein. Bogk guckt erstaunt: „Dann haben wir Ihr Verständnis vom Netz ja doch unterschätzt“.
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