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Zukunft der Rigaer Straße in BerlinEinig über die Uneinigkeit

Ein Runder Tisch zur Rigaer Straße zeigt: Es gibt Misstrauen auf allen Seiten – aber auch Bereitschaft zum Dialog. Polizei und Innensenator fehlen.

Es geht nicht nur um das Hausprojekt Rigaer 94: Viele Anwohner sind gegen Gentrifizierung Foto: dpa

Zum ersten Mal seit der Eskalation rund um die Rigaer Straße gab es den Versuch, die Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen. Die Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) und Linkspolitiker Freke Over hatten am Donnerstagnachmittag ins Friedrichshainer Bezirksamt eingeladen und drei Stunden rege mit Anwohnern, Lokalpolitikern und Eigentümern über die Voraussetzungen für eine Schlichtung des Konflikts diskutiert. Nicht erschienen waren Vertreter der Polizei und Innensenator Frank Henkel (CDU).

Vergangene Woche hatte ein Gericht festgestellt, dass die Räumung der Szenekneipe „Kadterschmiede“ im Hausprojekt Rigaer 94 rechtswidrig war. Seither ist es ruhiger geworden in der Straße. Bauarbeiter, Security und Polizei-Dauerbewachung sind abgezogen. Nur ab und an erinnert eine Polizeiwanne, die im Schritttempo durch die Straße fährt: Der Konflikt, der hier schwelt, ist längst nicht passé. So hat etwa die Eigentümerin der Rigaer 94 Widerspruch gegen das Gerichtsurteil eingelegt. Und in einem anderen Teil der Straße startet ein Investor gerade einen Luxuswohnungsbau.

Beim Runden Tisch dann „haben sich zwei große Themen herauskristallisiert“, berichtete Herrmann im Anschluss. Zum einen der Status „Gefahrengebiet“ und die andauernde Polizeipräsenz, zum anderen die Frage, wie generell mit Freiräumen und steigenden Mieten im Kiez umgegangen wird.

Heraus kam auch: Es gibt Unsicherheit und Misstrauen auf allen Seiten. Gegenüber Politikern, die an Runden Tischen viel versprechen. Gegenüber Bewohnern von Hausprojekten, die sich nicht an Gesetze und Vereinbarungen halten. Gegenüber Eigentümern, die Freiflächen zubauen und die Preise hochtreiben.

„Sind auch Teil des Kiezes“

Aber es kam auch zum respektvollen Dialog, wie TeilnehmerInnen berichten. „Wir sind doch Teil des Kiezes, wir wollen auch, dass es hier bunt bleibt“, brachten sich etwa Angehörige der Baugruppe ins Gespräch, die auf einer ehemaligen Freifläche Eigentumswohnungen gebaut haben. „Man muss doch nicht alles umsetzen, was rechtlich möglich ist“, wünschte sich die Bewohnerin eines Hausprojekts in Richtung Eigentümer der Rigaer 94.

Denn tatsächlich hatte auch die Eigentümergesellschaft der Rigaer 94 einen Rechtsvertreter zum Treffen geschickt. Zu verkünden hatte er nichts, aber immerhin: Im Auftrag seiner Mandantin wolle er die Stimmung und die unterschiedlichen Befindlichkeiten erfassen.

Andere, die den Konflikt mit angeheizt hatten, drückten sich dagegen ums Gespräch. Herrmann berichtete, dass die Polizei zwar tags zuvor Bereitschaft signalisiert habe, dann aber nicht erschienen sei, „weil das alles zu schnell geht“. Und Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte laut Herrmann die Einladung mit der Begründung abgelehnt, dass es die Linie des Regierenden sei, keine Gespräche zu führen. Weitere Gespräche unter professioneller Moderation sollen aber folgen. Dann sind vielleicht auch Polizei und Senat soweit.

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