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Zukunft der EnBWDie oberschwäbischen Schlitzohren

Die CDU-Landkreise streben die Aktienmehrheit beim Energiekonzern Energie Baden-Württemberg (EnBW) an. Um die grüne Energiewende zu stoppen?

Wie geht es nun weiter? EnBW. Bild: dpa

STUTTGART taz | Grüne und SPD in Baden-Württemberg beginnen gerade erst mit ihren Koalitionsverhandlungen, schon bekommen sie eine erste Kostprobe, wie es ist, in einem von der CDU dominierten Land zu regieren. Es geht um Macht und Einfluss beim Strom- und Atomkonzern Energie Baden-Württemberg (EnBW).

Auf der einen Seite steht die neue Landesregierung, auf der anderen die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW), ein Zweckverband aus von der CDU und Freien Wählern dominierten Landkreisen. Land und OEW halten jeweils circa 45 Prozent an der EnBW, mit ziemlich unterschiedlichen Vorstellungen, wie der Konzern künftig ausgerichtet werden soll.

Beide bemühten sich nun, keinen Machtkampf aufkommen zu lassen - den hatten verschiedene Medien ausgerufen. Die FAZ berichtete, die OEW strebe an, ihren Anteil auf 50,1 Prozent zu erhöhen. Damit hätte die CDU über ihre Landkreise wieder das Sagen, der Einfluss der neuen Regierung wäre begrenzt.

Dass es so weit kommen konnte, ist einem umstrittener Deal des scheidenden Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) geschuldet. Der hatte Ende vergangenen Jahres für das Land am Parlament vorbei 45 Prozent der Aktien vom französischen Energiekonzern EdF für knapp 5 Milliarden Euro übernommen.

Laut OWE ist an dem Gerede um einen Machtkampf nichts dran: Als das Land die Anteile an der EnBW kaufte, musste es gleichzeitig allen anderen Aktionären ein Übernahmeangebot machen - so sieht es das Aktienrecht vor. Das läuft noch bis zum 6. April, einige Städte und Gemeinden haben davon Gebrauch gemacht. Die OEW hat sich das Recht einräumen lassen, die Hälfte dieser Anteile zu übernehmen.

Sinn der Sache ist, dass beide Seiten, also Land Baden-Württemberg und der oberschwäbische Zweckverband, stets gleich viele Anteile halten können. Ohne Zustimmung der Landesregierung kann das Gleichgewicht nicht gestört werden. Die alte CDU-Führung könnte das vor ihrem Ausscheiden noch einfädeln - aber daran glauben nicht einmal die Grünen, wie ein Sprecher mitteilte.

"Weg von der Atomkraft"

Auch die SPD sieht momentan kein Problem: "Die Überlegungen der OEW gab es vor der Wahl, weil es bei der alten Landesregierung vollkommen unklar war, was sie mit der EnBW vorhat, wann und wem sie wie viele Aktienanteile verkauft", sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Schmiedel der taz.

Er sehe keinerlei Probleme, mit der OEW zusammenzuarbeiten und einen gemeinsamen Kurs - im Sinne von Grün-Rot - zu finden. Man sei sich über die Linie einig: "Weg von der Atomkraft". "Das wird eine gute Zusammenarbeit, bei der sich aber manche Manager der EnBW noch umorientieren müssen", sagte Schmiedel.

Dennoch hat die neue Regierung mit dem Konzern ein schweres Erbe. Zunächst braucht sie Einfluss über den Aufsichtsrat und der wird bereits im April gewählt, die Bewerber werden noch von Mappus entsandt. Einer der Nominierten hat allerdings bereits zurückgezogen, ein weiterer, Rainer Dulger, hat angedeutet zu verzichten, falls es die neue Regierung wünscht.

Die EnBW ist die entscheidende Stellschraube der grün-roten Landesregierung, um die Energieversorgung in Baden-Württemberg radikal umzustellen. Bislang liegt der Anteil des Landes am Atomstrom bei gut 50 Prozent. Zudem betreibt das Unternehmen zehn Kohlekraftwerke, ein neues baut EnBW in Karlsruhe für eine Milliarde Euro.

Die Grünen setzen dagegen auf Stadtwerke in kommunaler Hand. "Das passt weder von den Zielen noch von den Unternehmenskulturen zusammen", sagte ein Sprecher des Verbands Kommunaler Unternehmen der taz. EnBW sei eine am Gewinn orientierte AG mit internationalen Projekten, Stadtwerke seien am Gemeinwohl orientiert.

Zudem sinkt der Wert der EnBW wegen eines möglichen Atomausstiegs rapide. Das belastet den Landeshaushalt. Es bleibt weniger Spielraum, den geplanten Umbau der Energieversorgung zu fördern.

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9 Kommentare

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  • S
    @sebers

    Also wenn man das ganze kurzfristig betrachtet, könnte man ihnen Recht geben. Jedoch führt eine Renditenorinetierte geschäftliche Ausrichtung (wie es bei AGs nun mal der Fall ist) eben nicht zu langfristiger Planung sondern nur zu kurzfrisitger Gewinnmaximierung. Abgeschriebene AKWs sind dafür dann ja die perfekten Goldesel.

    Da kommunale Versorgungseinrichtungen eher langfristig auf Versorgungsstabilität setzen würden sie wahrscheinlich nicht so hohe Renditen einfahren (--> weniger Aktiengewinne) aber es gäbe meiner Meinung nach mehr Preisstabilität, bessere Sicherheitsbestimmungen, mehr Akzeptanz und sicherlich auch bessere Planung für nachhaltige Zukunft.

  • F
    FAXENDICKE

    Immer Scheisse, ein grün/roter Kopf mit einem peschschwarzen Apparat. Da geht erst mal GARNIX.

  • E
    ebenerdig

    Zur Ergänzung:

    http://www.youtube.com/user/WerZahltS21

     

    Herzliche Grüße aus BaWü

  • 0
    08154711

    "CDU will noch mehr Atomkraftwerke kaufen" - eine schöne Schlagzeile, kann die dumme CDU doch gerne so haben. Lässt sich doch genüsslich aufsießen, kann man dann auch Aussagen von Merkel und von Seehofer fordern, was das denn wieder soll, dass sie den Quatsch doch mal lassen sollen.

     

    Und ich wär ja dafür, dass man das Lügenspiel der Atomindustrie jetzt mal umdreht, dass man mit allen juristischen Tricks hart an der Grenze zur Legalität diesen, und andere Energiekonzerne, hinhält, austrickst, abzockt, enteignet und schikaniert, bis diese Typen aufgeben. Denn wir alle sehen gerade in Japan, wie hilflos diese Lügner agieren, wenn dann "doch" mal was passiert "alle 100.000 Jahre".

  • V
    vic

    Mir ist noch immer ein Rätsel, weshalb Mappus mit seiner außerparlamentarischen Einkaufstour so einfach durchgekommen ist.

    Erneut frage ich die Stromkunden, und ich mach`s gerne täglich:

    Wie lange wollen wir ENBW und den anderen Verdächtigen ihren Atom und Kohlestrom eigentlich noch abkaufen?

    Ach ja, Schlitzohren sind die oben genannten nicht.

    Arme eingefahrene, dressierte Wesen mit arg beschränktem Horizont.

    Das trifft`s eher.

  • HK
    Hartmut karras

    Schon sehr gut moeglich, das Mappus hier noch einmal versucht seine Muskeln spielen zu lassen. Auf der anderen Seite, der Mappus Deal mit EnBW wird wahrscheinlich sehr teuer, denn man kann mit Recht davon ausgehen,das es einen verkuezten Ausstieg aus der Kernenergie geben wird. Also ein finanzielles Desaster das Mappus der neuen Landesregierung hinterlassen hat. Wenn die Traegergesellschaft der Landkreise die Mehrheit will, gut so, denn dann muessen auch die Mappus Freunde als Mehrheitseigner die Mehrheit der Verluste tragen. Eine Mehrheit der Traegergeselslchaft waere auch deshalb ganz gut fuer die neue Regierung, denn dann bliebe die Verantwortungbfuer den schlechten Deal auch bei der CDU.

  • SI
    so isses

    Wenn die CDU-Kreise das wirklich realisieren würden, dann könnten sie die nächsten Kommunalwahlen aber sowas von vergessen !

    Das werden die nicht wagen.

  • D
    DesKaisersNeueKleider

    Beim Verkauf der EnBW an die EdF wurde eine Stiftung für mindestens 2 Milliarden geschaffen deren Erträge die CDU ziemlich undemokratisch, und auch am Landtag vorbei, nach eigenem Ermessen eingesetzt hat.

     

    Stefan Mappus sollte - auch wenn die mindestens 1,7 Milliarden (4,7 Mrd - 3 Mrd maximaler Wert) vor den Haftrichter gebracht werden. Veruntreuung von Staatsgeldern.

     

    Die EnBW ist zu zerschlagen in einen Infrastruktur (Energieverteilungs)Konzern und einen Stromproduzenten den die OEW sehr sicher auch nicht haben wollen.

     

    Das Netzunternehmen, welches die verteilung der Energie übernimmt kann zu einem intelligenten Betrieb entwickelt werden welche die Energie der vielen einzelnen klein und mittelständischen Produzenten fair verteilt.

  • S
    Sebas

    Aha, jetzt habe ich wieder was gelernt:

    Die EnBw, die je knapp zur Hälfte (45%) dem Land und den den Kommunen gehört ist böse, weil gewinnorientiert. Die Stadtwerke, die zum Großteil den Kommunen gehören, sind am Gemeinwohl interessiert.

    Das heißt dann wohl, dass die Stadtwerke keine Gewinne machen sondern des kommunalen Steuerzahlers Geld verbrennen, oder?

    Wahrscheinlich aber nicht, sondern die Verluste, die die nicht am Gewinn sondern am Gemeinwohl orientierten Stadtwerke machen (das beides gleichzeitig nicht geht folgt ja aus dem Zitat der Grünen, vorletzter Absatz), wird wahrscheinlich aus dem Geld bezahlt, dass die Energieversorger in die Kassen der Kommunen spülen.

     

    Übrigens sieht man hier ganz nebenbei etwas, was auch die ganzen Leute, die fordern, Energieversorgung gehöre nicht in privatwirtschaftliche Hände und man solle sie verstaatlichen:

    EnBw gehört zu über 90% dem Staat, nämlich dem Land BW und den dortigen Kommunen und auch bei E.ON und RWE sind die Mehrheit der Aktien in den Händen von Kommunen (Vattenfall gehört auch dem Staat, allerdings nicht dem deutschen). Vielleicht auch in Ihrer. Somit profitiert jeder Bürger und jede Bürgerin über sprudelnde kommunale Einnahmen direkt von den großen Energieversorgern. Würde der Bund verstaatlichen wie gefordert, hieße das nur, die Kommune als Staatsorgan zu enteeignen und das in Bundesbesitz zu überführen - da möchte ich die Vertreter der Kommunen aber mal hören.

    Von den Aktien, die nicht im Staatsbesitz sind, gehört übrigens auch ein großer Teil ganz normalen "kleinen" Leuten, die ihre paar tausend € Lebensersparnisse in Fonds usw. angelegt haben.

     

    Aber es ist ja leichter, sich als Feindbild den bösen, fett vollgefressenen Großaktionär, der jedes Jahr Milliarden für nichts bekommt, vorzustellen.