Zugang zu Masterstudiengängen: Der Bund soll's regeln
Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft fordert ein Bundesgesetz um den Zugang zum Masterstudium zu regeln. Die Hochschulen fürchten um ihre Autonomie.
BERLIN taz | Hat man den Bachelorabschluss in der Tasche, hat man die Wahl: bewirbt man sich um einen Job oder setzt man noch einen Master drauf? Letzteres könnte sich jedoch als schwierig erweisen. Denn die Zahl der Bachelorabsolventen steigt Jahr für Jahr, die Nachfrage nach Masterstudienplätzen folglich auch. Die Hochschulen legen die Hürden daher hoch; bereits jeder vierte Masterstudiengang ist über Eignungstests oder Auswahlverfahren zulassungsbeschränkt, zudem werden vielerorts überhaupt nur Studierende als Bewerber zugelassen, deren Bachelornote überdurchschnittlich gut ist.
"Der Übergang vom Bachelor- zum Masterstudium entwickelt sich im Ergebnis mehr und mehr zum schwer passierbaren Nadelöhr", fürchtet der Hochschulexperte der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, Andreas Keller, und fordert: „Diesem Treiben sollte der Bund nicht länger tatenlos zusehen, sondern eingreifen.“ Ergo ein Bundesgesetz muss her.
Mit einem Rechtsgutachten, dass die GEW am Donnerstag vorstellt, untermauert sie ihre Forderung nach bundeseinheitlichen und freien Zugängen. Denn eigentlich fühlt sich der Bund, und speziell das von Annette Schavan (CDU) geführte Bundesbildungsministerium, für solche Appelle gar nicht zuständig. Regeln doch die Länder nach der Föderalismusreform Hochschulangelegenheiten selbst.
Nach Auffassung des Anwalts für Hochschulrecht, Wilhelm Achelpöhler, der das Gutachten im Auftrag der GEW ertellte, gibt es jedoch rechtliche Hintertüren, die der Bund nutzen könnte. Achelpöhler beruft sich auf Grundgesetzartikel 74, wonach der Bund Hochschulzulassung und –abschlüsse regeln darf. Und die Zulassung, so argumentiert Achelpöhler, umfasse auch weiterführende Masterstudiengänge. „Denn es gibt keine „Zulassung zur Hochschule“, sondern nur eine Zulassung zu einem Studium an einer Hochschule“, heißt es in dem Gutachten, das der taz vorliegt. Außerdem sei der Bund geradezu in der Pflicht auch die Frage des Zugangs, einheitlich zu regeln. Und da schlägt die GEW vor bestehende Zugangshürden ganz zu beseitigen. "Der Bund hat es in der Hand, für die uneingeschränkte Durchlässigkeit vom Bachelor- zum Masterstudium zu sorgen", erklärte Keller. "Der Bundestag muss jetzt politisch abwägen, was schwerer wiegt: das Recht der Hochschulen, sich eine kleine Elite angeblich besonders geeigneter Studierender auszusuchen, oder das Recht auf freien Masterzugang für alle.
Die Hochschulen sind nicht erbaut von dieser Vorstellung. "Es würde uns hart treffen", sagt der Sprecher der TU München, Markus Bernhards. Wer sich hier für ein Masterstudium bewirbt, muss seine Zeugnisse aber auch ein Motivationsschreiben einreichen. „Es wird geschaut, was hinter den Noten steckt, also was die Studenten im Studium tatsächlich gelernt haben.“ Zum Sommersemester, das im Mai startet, haben sich über 1.200 Studenten beworben, rund 700 wurden zugelassen, 300 abgelehnt, 200 können noch hoffen. Ob jemand angenommen wird, richte sich allein nach seinen Fähigkeiten, betont Bernhards. „Wir nehmen alle die talentiert und engagiert sind.“
Im GEW-Gutachten vertritt Anwalt Achelpöhler dagegen die Auffassung, die Autonomie der Hochschulen sei von einer bundeseinheitlichen Regelung nicht berührt. Eine Zugangsregelung zum Masterstudium könne nur dann zum Konflikt führen, wenn die Funktionsfähigkeit der Hochschulen gefährdet würde. „Davon ist sicherlich nicht auszugehen“, heißt es im Gutachten.
Einen Haken gibt es aber doch: so könnte der Bund zwar ein Gesetz erlassen, die Länder hätten aber die Möglichkeit, abweichende Regelungen zu treffen, sprich den Masterzugang wieder je nach Gusto zu begrenzen. Die Vorsitzende des Bundestagsbildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), meint daher: „Ein Rechtsanspruch nützt wenig, wenn es nicht gleichzeitig genügend Studienplätze gibt.“
Wie die Aussichten der Studierende auf ein Masterstudium verbessert werden können, darüber will Bundesbildungsministerin Schavan am 6. Mai mit Vertretern von Länder und Hochschulen auf der Bologna-Konferenz reden.
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