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■ VorlaufZuckersüß für Berlin

„Wilde Zeiten“, 17.50 Uhr, ZDF

„Wir vom ZDF“, sagte Dr. Peter Gruhne vom ZDF, „wollten in ,Wilde Zeiten‘ natürlich weder die MTV-Clip-Ästhetik noch ,Die Partner‘ imitieren.“ Das wäre auch zuviel der Ehre. Seien wir also hämisch und sagen statt dessen: Viva. „Wilde Zeiten“ ist mithin genauso hausbacken hip und genauso deutsch. Nur mit ZDF-Logo in der Bildschirmecke, was die Sache nicht unbedingt besser macht.

Denn für den Zwölfteiler wird nicht nur gezoomt, geschwenkt und gewackelt, was die behäbige ZDF-Kamera hergibt, wird nicht nur an den ZDF-Schneidetischen geschnippelt und den ZDF-Effektgerätereglern gerüttelt, sondern der so entstandene, unprofessionelle Optik-Overkill brav mit Szenen gängiger ZDF-Vorabendserienroutine kombiniert.

Auch bei der Besetzung der drei Hauptrollen hat man sich kopfloser (Un-)Konventionalität verschrieben und neben zwei No-names die legitime Nachfolgerin von Julia Biedermann, Dennenesch, verpflichtet. Die drei spielen die crazy Unternehmungsgeister Dennis, Ingo und Kabea – könnten aber ebensogut als Viva-VJs durchgehen, so nett und zuckersüß wirken sie in ihrem Bemühen, am Puls der Zeit und jugendlich zu sein. Und weil man beim ZDF weiß, daß eher als die Generation „Chupa Chups“ viele „Werthers Echte“ zuschauen, haben die drei Ralf Wolter als Altersheim-Opa und Silvio Francesco als Mentor.

Dieser ist zugleich auch jüdischer Enteignungserbe, denn so richtig „Wilde Zeiten“ gibt es natürlich nur in Berlin – beziehungweise in einem Berlin, wie es sich die Hauptstadtpromoter „Partner für Berlin“ und ein Pressetextdichter, der Vokabeln wie „schrill“ und „pfiffig“ streut, vorstellen. Da eröffnen in Berlin/ZDF drei Naseweise ihren „Kult-Schuppen“ in einem stillgelegten Trafo-Werk, als wäre 1989 erst gestern gewesen.

Doch wie soll Drehbuchautor Douglas A. Welbat im schönen Hamburg davon wissen? Ein Mann, der auf seinen Hauptstadtanreisen lieber ungarische Tramper mitnimmt und den Mitgenommenen erzählt, wie toll doch der Krempel ist, den fürs ZDF zu verzapfen ihn niemand hinderte.Christoph Schultheis

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