: Zu weit ab vom Schuß
■ Sea-Life-Center expandieren / Betreiber wollen nicht nach Bremerhaven / Zweifel an Köllmanns Zahlen zum Ocean-Park
Das Konzept des Sea-Life-Center am Timmendorfer Strand würde gut zum geplanten Ocean-Park in Bremerhaven passen. Auf 1.500 Quadratmeter wird in 30 Becken die Geschichte des Wassers von der Quelle bis zum Ozean erzählt. Doch als die Stadtväter Bremerhavens beim Sea-Life-Center anklopften, winkte die englische Firma Vardon Attractions, die insgesamt 21 Sea-Life-Center in sechs Ländern betreibt, ab – und zwar, obwohl weitere Aquarien in Deutschland geplant sind. Auch die Pläne, in Cuxhaven ein Sea-Life-Center zu bauen, wurden verworfen. Die Gründe dafür wollten wir von Johannes Mock, Leiter des Sea-Life-Centers am Timmendorfer Strand, wissen.
Herr Mock, warum kommen Sie nicht zu uns an die Küste?
Es hat zwischen Sealife und der Stadt Bremerhaven Gespräche gegeben. Das ist cirka eineinhalb Jahre her. Wir hatten damals verschiedene Standpunkte zur Auswahl und haben uns für den Timmendorfer Strand entschieden, weil uns dieser Standort am lukrativsten erschien.
Wieviele Besucher kommen jährlich nach Timmendorf?
Rund 300.000.
Herr Köllmann verspricht Ihnen zwei Millionen Besucher, die der Ocean-Park anlocken soll.
Ich halte diese Zahlen für zu hoch angesetzt. Um soviele Besucher nach Bremerhaven zu locken, müßte man schon etwas bauen, was in Europa seinesgleichen sucht. Selbst große Freizeitparks wie zum Beispiel der Hansa-Park, der einen hohen Bekanntheitsgrad hat und der bestimmt ein Publikumsmagnet ist, ziehen nicht so viele Besucher an. Sicherlich kann man solche Attraktionen nicht direkt mit dem Ocean-Park vergleichen, aber immerhin sind das Konkurrenten in Norddeutschland, die man nicht unterschätzen sollte. Außerdem dauert es sehr lange, bis man mit einer solchen Attraktion schwarze Zahlen schreibt. Das hat sich auch beim Disney-Land in Paris gezeigt. Wenn wir eine Kalkulation für einen Standort erstellen, gehen wir da sehr konservativ ran. Wir halbieren die Besucherzahlen, die wir uns erhoffen, und dann muß es sich immer noch rechnen, und zwar vom ersten Tag, weil die Betriebskosten sonst zu hoch sind.
300.000 Besucher kommen jährlich zu Ihnen ins Sealife-Center. Das ist genau die Zahl von Kurgästen, die sich jährlich an Cuxhavens Stränden sonnen. Die Kurverwaltung zählt 3,5 Millionen Übernachtungen pro Saison. Trotzdem wollen Sie in Timmen-dorf bleiben?
Die Zahl der Übernachtungen war ein Grund für uns, mit Cuxhaven zu liebäugeln. In der Vor- und Nachsaison ist der Ort aber nicht sehr gut besucht, so daß wir davon wieder Abstand genommen haben. Wir brauchen den Tagesausflügler. Wir brauchen einen konstanten Besucherstrom, weil wir 364 Tage im Jahr geöffnet haben.
Und nach Timmendorf strömen die Besucher das ganze Jahr?
Ja. Timmendorf ist ein Vorort von Hamburg. Hier ist der Einzugsbereich einfach größer. Das heißt, die Besucher kommen nicht nur in den Sommermonaten.
Mit anderen Worten: Bremerhaven und Cuxhaven liegen zu weit ab vom Schuß?
Ja. Wir sind zwar zu weiteren Gesprächen bereit, aber dann müßte in Bremerhaven noch mehr geschehen. Die Infrastruktur müßte zum Beispiel besser ausgebaut werden, aber das ist bis heute ja noch nicht geschehen.
Fragen: Kerstin Schneider
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen