Zu viele Studenten in Brüssel: Nicht-EU-Bürger bleiben draußen
Die überforderte Verwaltung der Uni Brüssel lässt Bewerbungen von Nicht-EU-Bürgern einfach liegen, bis es für ein Visum zu spät ist. Manche werden gar nicht bearbeitet.
BRÜSSEL taz | Ausländischen Studierenden wird der Zugang zur Brüsseler Universität verwehrt, weil die Verwaltung die hohe Anzahl an Einschreibungsanträgen nicht mehr bearbeiten konnte. Kurzerhand hat die größte belgische Hochschule im Juni die Anweisung gegeben, alle Dossiers von Studierenden, die nicht aus einem Land der Europäischen Union kommen, einfach liegen zu lassen oder später zu bearbeiten.
Das machte jetzt die Studierendenvertretung öffentlich. "Das ist pure Diskriminierung. Für viele Kandidaten kamen die Zusagen gar nicht oder zu spät, weil die Frist, um eine Visum für die Europäische Union zu beantragen, längst abgelaufen ist", sagt Alexandre Hublet, der für die Studierenden im Verwaltungsrat der Uni sitzt. Zudem hätten einige Studierende nicht die Chance bekommen, fehlende Dokumente nachzureichen.
Die Studierenden verlangen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen und die Dossiers ordentlich bearbeitet werden. "Zur Not muss die Frist für die Einschreibungen bis Anfang kommenden Jahres verlängert werden", fordert Hublet. Am kommenden Montag hat er zu einer außerordentlichen Sitzung des Verwaltungsrats geladen, um über den Fall zu sprechen.
Die Universitätsverwaltung weist die Vorwürfe zurück. Es gehe keinesfalls um die Diskriminierung von Ausländern, sondern lediglich um die Organisation der Einschreibungen. Das in diesem Jahr neu eingeführte Informatiksystem der Universität hat zum völligen Chaos geführt. Studierende mussten teilweise bis zu zehn Stunden vor dem Einschreibungsbüro warten, weil das System immer wieder zusammenbrach. Mehrere Hundert Meter lange Warteschlangen zogen sich über den Campus in der Brüsseler Innenstadt.
Die Ablehnung der ausländischen Studierenden sei eine reine Notmaßnahme, um die Einschreibungen überhaupt noch durchführen zu können, verteidigte sich der Rektor der Hochschule. Das Zentrum für Chancengleichheit, das in Belgien Fällen von Diskriminierung nachgeht, sieht das anders. Die Anweisung der Hochschulverwaltung sei ein klarer Verstoß gegen belgisches Recht. Die Universität muss mindestens mit einer Verwarnung rechnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern