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■ Eine Fraueninitiative für Hildegard Hamm-Brücher als Präsidentin paßt perfekt ins FDP-KalkülZu spät und zu flach

Helmut Kohl hat sich einen feinen Kandidaten für das Bundespräsidentenamt ausgeguckt. Der macht beim ersten Auftritt ohne Kindermädchen voll in die Hosen. Das ist peinlich. Und das bringt vor allem die FDP in die Bredouille, hängt doch von ihren Stimmen die Mehrheit für eine Wahl Heitmanns ab. Die FDP kann den Mann beim besten Willen nicht zu ihrem Kandidaten machen, ohne sich der völligen Lächerlichkeit preiszugeben. Ganz abgesehen von allen wahltaktischen Überlegungen, sich gegen eine faulende CDU zu profilieren und zugleich das Kunststück zu vollbringen, sich alle Optionen offenzuhalten, die für immer und ewig warme Regierungssessel in Aussicht stellen. Das muß sich der treue Freund der CDU, der liebe nette Mensch Klaus Kinkel, vom bösen Politiker Jürgen Möllemann klarmachen lassen. Wie all das unter einen Hut bringen? Für Rau wäre man ja, aber das könnte der Kanzler übelnehmen und an eine große Koalition denken lassen. Wendezeichen in Richtung SPD darf man auch nicht verfrüht abgeben.

Was nun? Der Kanzler ist festgelegt. Er kann abtreten, wenn er Heitmann zurückzieht. Ein Rücktritt Heitmanns käme dem im Ergebnis nahe, die Blamage für die CDU jedenfalls wäre ziemlich groß. Das zu fördern wäre riskant für die FDP. Aber da kommt ein Geistesblitz, injiziert durch sorgsame Geister: eine Frau, eine Liberale, die noch weiß, was das ist – Hildegard Hamm-Brücher. Sie war zwar sonst wirklich nie beliebt, aber in der Not frißt der Teufel Fliegen – wenn dafür Profil, hoffnungsspendender Rettungsanker und eine Fahne zum Hochhalten zu ergattern sind. Johannes Rau könnte gleichwohl dann am Ende getrost von einer Mehrheit gewählt werden – und sei es im dritten Wahlgang. Es wäre des Schauspiels „Präsidentenwahl im Jahre drei nach der deutschen Einheit“ krönender Schlußakt.

Hildegard Hamm-Brücher wäre eine würdige und fähige Kandidatin. Sie ist eine schon lange moderne Frau, eine für hiesige Verhältnisse bemerkenswerte integre Politikerin, eine Demokratin, eine Kritikerin deutscher Mißstände, eine Persönlichkeit. Es ist eine Beleidigung, diese Frau für dieses widerwärtige Gerangel um das höchste Amt im Staat in Anspruch zu nehmen.

Wenn just da eine Initiative von Politikerinnen, Journalistinnen und Künstlerinnen für ihre Kandidatur wirbt, so möchte frau vielleicht sagen, besser spät als nie. Doch, nein, die Initiative kommt zu spät, und sie ist zu flach. Hier wird auch nur die Fahne hochgehalten. Daß dabei eine gute Frau verheizt wird, ist nicht notwendig, und das ist es schon gar nicht wert. Eine solche feministische Politik endet mehr noch in einem Schuß nach hinten. Es reicht diese Art von „Frauenkandidaturen“, die sich häufen, je mehr die Politik sinkt. Sie zieht die Frauen mit in den Schlamm.

Eine Frau kommt für eine Spitzenposition nur noch als erstrangige Kandidatin in Frage – als erstrangig geeignet und mit erstrangigen Chancen auf Erfolg. Ersticken soll die patriarchale „politische Klasse“ allein. Die Stunde der Frauen wird noch kommen. Frau Hamm-Brücher würde den Frauen und dem Land den größten Dienst erweisen, wenn sie dankend absagt und für dieses Spiel nicht zur Verfügung steht. Mechthild Jansen

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