: Zu einfach gedacht
■ Zwei Anmerkungen zu den Leserbrieen zu S.S'Zülchs „Deutsche auf der Couch“, taz v. 2. & 16.6.
1. In der Frage der Anwendbarkeit der Psychoanalyse auf ganze Gesellschaten machen es sich die Leserbriefe zu leicht. Während in der Therapie die Überprüfung psychoanalytischer Erkenntnisse durch den Patienten erfolgt, liegt in der Anwendung auf Gesellschat ein solches Kriterium nicht vor, weil die Gesellschaft anders als der Patient die Angemessenheit der Rekonstruktion historischer Ereignisse nicht am Therapieerfolg messen kann.
2.(....)ist die Anwendung der Psychoanalyse auf Gesellschaft in der Gefahr, überprüfbare Aussagen durch Glaubenssätze zu ersetzen. (....)Wie soll die Aussage überprüfbar sein, der industrielle Massenmord an den Juden beruhe auf der narzißtischen Kränkung der Deutschen, weil diese erst spät eine Nation hätten bilden können? (...) Tatsächlich aber immunisiert sich diese Form der Psychoanalyse als Gesellschaftstheorie gegen kritische Nachragen.
R. Jakob
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen