piwik no script img

Zu Besuch in Bremen: Vertreter der Windenergie-BrancheIn Kinderschuhen auf hoher See

Die Offshore-Branche ist von den Regierungs-Zielen, 10.000 Megawatt bis 2020, weit entfernt. Derzeit verzögert sich alles durch Unklarheiten beim Netzausbau

Branche mit Kinderkrankheiten: Besucher der Offshore-Messe "Windforce 2012" in Bremen Bild: dpa

BREMEN taz | Als Kinderkrankheiten könnte man die Probleme zusammenfassen, mit denen Unternehmen der Offshore-Windenergie derzeit kämpfen. Auf der Bremer Messe „Windforce“ erneuerten Branchenvertreter ihre Forderung an die Politik, einen Gesetzentwurf über Haftungsfragen bei den Netzanschlüssen auf den Weg zu bringen.

Denn solange diese nicht geklärt sind, steht die Branche still: Der niederländische Stromnetzbetreiber Tennet ist seit 2010 für den Ausbau der Leitungen in der Nordsee allein zuständig. Die Seekabel jedoch sind teuer, Tennet kann sie nicht finanzieren – und ohne klare Beschränkungen in der Haftung wollen auch andere Geldgeber nicht einspringen. Denn das Risiko ist groß: Verzögert sich der Anschluss einer Windanlage auf See, so kommt es nicht nur zu Profit-Ausfällen: Die Offshore-Windmühlen brauchen auch selbst den Strom für die Klimatisierung und Wartung. Fehlt der, so können Millionen-Schäden entstehen. „Die Energiegesetze sind uralt, so ein Fall war damals schlicht nicht vorgesehen“, sagte Thomas Haukje, Geschäftsführer der Nordwest Assekuranz.

Auch die Hersteller der Stromkabel selbst hinken der Entwicklung noch hinterher. Anders als normale Kabel seien jene, die auf See verlegt werden, wesentlich länger und schwerer, so Thorsten Schwarz, Geschäftsführer der Norddeutschen Seekabelwerke. Dafür die Produktionsstandorte an die Küste zu verlagern, sei sinnvoll – es mangele jedoch immer noch an Planungssicherheit. Die Energiewende solle in relativ kurzer Zeit vollzogen werden – allein die Herstellung eines Seekabels aber dauere zwölf Monate.

Noch also besteht Nachholbedarf. Derzeit drehen sich nach Angaben der Windenergie-Agentur (WAB) 55 Anlagen in der Nord- und Ostsee. Gerade einmal zehn sind 2011 hinzugekommen. Insgesamt produzieren diese 215 Megawatt – 10.000 Megawatt aus etwa 2.000 Anlagen sollen es nach Regierungs-Plänen bis 2020 sein. „Wir stehen noch am Anfang“, sagte WAB-Geschäftsführer Ronny Meyer. Auch der Ausbildung von qualifiziertem Personal widme man sich verstärkt, so Meyer.

Eine aktuelle Umfrage der Arbeitnehmerkammer Bremerhaven unter knapp 190 Windenergie-Betrieben kommt zu anderen Ergebnissen: Obwohl über Fachkräftemangel geklagt werde, investierten die Unternehmen nur wenig in die Nachwuchsförderung, umso öfter werde auf Leiharbeit gesetzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!