Zombie-Comics aus Deutschland: Der Trend geht zum Untoten

Zombies sind en vogue: „Endzeit“ ist ein 300-seitiges Meisterwerk über Untote. „Zombie Terror“ hingegen ist reflektierter Trash. Auch schön.

einem Zombie wird der Kopf weggeschossen

Aua. Szene aus „Zombie Terror“ Foto: Weissblech Comics

Wohin man in der Comic-Welt schaut: Überall treiben sich seit einiger Zeit Zombies herum. Angefangen hat es mit der US-amerikanischen Serie „The Walking Dead“, die seit knapp 15 Jahren erscheint und fast schon ein moderner Klassiker ist. Inzwischen gibt es, unter anderem, Comics, die den Untoten komische Seiten abgewinnen („Als die Zombies die Welt auffraßen“); es gibt Zombie-Wimmel- und Ausmalbücher und natürlich japanische Zombie-Comics, mal im lupenreinen Manga-Stil („Highschool of the Dead“), mal an westlicher Ästhetik orientiert („I Am a Hero“).

Auch die einheimische Comic-Szene hat dieser Trend erreicht, sogar im noblen Graphic-Novel-Segment. „Endzeit“ von Olivia Vieweg spielt zwei Jahre, nachdem die Zombie-Apokalypse über Deutschland hereingebrochen ist. In Weimar und Jena – Städte, die von einem hohen Zaun geschützt werden – können sich die Menschen noch halten. Zwischen den beiden Städten verkehrt ein automatisch gesteuerter Zug, der ausschließlich zum Transport von Gütern dient. In ihm finden sich Vivi und Eva wieder, zwei junge Frauen, die nicht mehr in Weimar bleiben wollen. Aber bevor sie ihr Ziel erreichen, bleibt der Zug auf freier Strecke stehen, und sie müssen zu Fuß weiter, in steter Gefahr angefallen und gebissen zu werden.

„Endzeit“ ist 2012 schon einmal veröffentlicht worden. Für die Zweitausgabe hat Vieweg den Band zeichnerisch überarbeitet und massiv erweitert. Aus einer 70-seitigen Talentprobe ist so ein nahezu 300-seitiges Meisterstück geworden – ein Zombie-Comic der anderen Art, der dem Genre gerecht wird und es zugleich in subtiler Weise erneuert. Neben den üblichen Schockszenen stehen stille, poetische Momente; dazu versteht Vieweg es, einfühlsam und in bedeutungsvoller Knappheit von seelischen Verletzungen zu erzählen. Das erhebliche Ausbauen der Handlung – das erste Viertel der aktuellen Version etwa ist komplett neu – führt keineswegs zu Redundanz, sondern zu epischer Weite und einer vertieften Charakterisierung der Figuren.

Einen ungewöhnlich breiten Raum nimmt die Darstellung der Natur ein. Manche der wandelnden Leichen verwandeln sich in pflanzenartige Wesen; eine afrikanische Hitze liegt über dem Land; überall wuchert und blüht es. Die hervorragende Kolorierung des Comics vermittelt diese Savannen- und Glutatmosphäre in ebenso berückender wie bedrückender Weise. „Endzeit“ hat auch Züge einer Öko-Dystopie: Die Menschen, meint Vivi einmal, hätten Mutter Erde „zu lange keine Miete gezahlt“, daher seien die Zombies nun „die Räumungsklage“.

Verschwörungstheoretiker und Reichsbürger bekommen hier ihr Fett weg

Ebenfalls in Deutschland angesiedelt ist „Zombie Terror“ von Levin Kurio und Roman Turowski. Hier sind seit dem Weltuntergang schon zehn Jahre vergangen; entsprechend liegen deutlich mehr Trümmer herum. Der bärtige, etwas hippiehafte Olaf hat sich mit seinem alten Kumpel Boss in einer heruntergekommenen Villa verbarrikadiert. Auf einem Ausflug rettet er die blinde Lydia vor einer Horde Zombies. Als eine weitere, viel größere Horde die Zuflucht der drei attackiert, bleibt Boss auf der Strecke. Olaf flieht mit Lydia, die er mühsam in einem Holzkarren hinter sich herzieht, in Richtung der norddeutschen Küste – dort, so hofft er, lässt sich sicherer leben.

„Zombie Terror“ erscheint seit 2016 in unregelmäßigen Abständen als Heftserie im kleinen Weissblech Verlag, der auch Titel wie „Hammerharte Horrorschocker“, „Kala, die Urwelt­amazone“ und den von Jörg Buttgereit geschriebenen „Captain Berlin“ herausbringt. Die großen, unverrückbaren Vorbilder der Weissblech-Crew sind einerseits die seinerzeit skandalösen EC-Horrorcomics der Fünfziger, andererseits die frühen Arbeiten von Richard Corben. Das ist eine Selbstbeschränkung, die in ihrer Sturheit ein wenig an Neo-Garagenbands erinnert, für die das Jahr 1966 nie zu Ende gegangen ist. Aber ebenso wie deren Musik in Ordnung sein kann, haben auch diese Comics durchaus ihren Reiz.

Olivia Vieweg (Text und Zeichnungen): „Endzeit“. Carlsen Verlag, Hamburg 2018, 288 Seiten, 22 Euro

Levin Kurio, Roman Turowski (Text und Zeichnungen):„Zombie Terror“. Weissblech Comics, Schönwalde-Langenhagen. 32 bis 50 Seiten, je 4,90 Euro. Bislang fünf Hefte, das sechste Heft erschien im August 2018

So sind die Zeichnungen von Lewin und Turowski zwar alles andere als virtuos, besitzen in dem Rohen, Holzschnitthaften, das ihnen eigen ist, jedoch einen beträchtlichen Underground-Charme. Außerdem bleibt es auch in „Zombie Terror“ nicht beim bloßen Splatter, sondern es ist Platz für Satire und Ironie. Eine frühe Episode wird teilweise aus der Perspektive einer Ratte erzählt; später bekommen Verschwörungstheoretiker und Reichsbürger – die sich hier zur „Neuen deutschen Wehrmacht“ formiert haben – ihr Fett weg. „Zombie Terror“ ist reflektierter Trash – cheap thrills sind reichlich vorhanden, aber den Kopf muss man bei der Lektüre nicht abschalten.

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