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„Zivilisten–Kreuzzug“ in Panama

■ Opposition ruft zum Generalstreik auf / Regierungsanhänger verwüsten Parteibüro der Opposition und demonstrieren gegen USA / Nach Schülerdemo wurde ein Gymnasium geschlossen

Panama/Washington (afp) - Nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes hat Panamas Opposition ihren „Zivilisten–Kreuzzug“ gegen die Herrschaft von Armeechef Antonio Noriega wieder aufgenommen. Dabei kam es am Mittwoch zum ersten Mal seit drei Wochen wieder zu Demonstrationen und Straßenschlachten zwischen Regierungsgegnern und -anhängern. Die Vereinigten Staaten haben in scharfen Worten gegen die Ausschreitungen bei einer Kundgebung vor der US–Botschaft in Panama protestiert und die Regierung des Landes beschuldigt, die Gewalttätigkeiten bewußt geplant zu haben. Am Dienstag hatten mehrere tausend Anhänger Noriegas das Botschaftsgebäude mit Steinen und roten Farbbeuteln beworfen. In der Hauptstadt Panama demonstrierten am Mittwoch etwa 200 Studenten der Universität und Schüler zweier Gymnasien „gegen Parteien, Regierung und Korruption“. Sie bewarfen mehrere öffentliche Gebäude mit Steinen und schleuderten einen Brandsatz gegen den Sitz der regierenden „Revolutionär–Demokratischen Partei“ (PRD), der erheblichen Sachschaden anrichtete. Zur gleichen Zeit verwüsteten Anhänger der Regierung die Büroräume der oppositionellen christdemokratischen Partei. Nach Angaben aus Oppositionskreisen bewarfen sie das Auto von Parteichef Ricardo Arias Calderon mit Steinen, das gerade vor dem Büro vorfuhr. Inforamtionen der „Christdemokratischen Organisation Amerikas“ (ODCA) zufolge sollen die Angreifer mit Maschinenpistolen bewaffnet gewesen sein. In der venezolanischen Hauptstadt Caracas verurteilte die Organisation die Attacke auf das Parteibüro als „Verletzung der Menschenrechte“. Der Vorfall sei ein neuer Beweis dafür, daß das „herrschende politische System in Panama eine Diktatur auf der Grundlage der autoritären Doktrin der nationalen Sicherheit“ sei. Nach zunächst unbestätigten Meldungen sollen mehrere demonstrierende Schüler und Studenten in Panama verletzt worden sein, als Anhänger des Regimes das Feuer auf sie eröffneten. Die Regierung schloß eines der beiden Gymnasien, dessen Schüler sich an den Demonstrationen beteiligt hatten, auf unbestimmte Frist und drohte dem anderen dieselbe Strafmaßnahme an. Um die Mittagszeit bekundete die Bevölkerung der Hauptstadt lautstark ihr Mißfallen gegenüber Noriega. Hausfrauen klapperten mit Kochtöpfen, Hunderte von Autofahrern stimmten ein Hupkonzert an, Bankangestellte verließen ihre Büros und schwenkten auf der Straße weiße Taschentücher als Symbol der Opposition. Die Organisation Amerikanischer Staaten in Washington hat eine Panama–Resolution des US– Senats mit deutlicher Mehheit verurteilt. In dem Senatsbeschluß war der zeitweilige Amtsverzicht Noriegas gefordert worden. Nach Einschätzung politischer Beobachter in Washington versuchen die USA Armeechef Noriega in Panama zu isolieren und so seine Absetzung zu erreichen. Die Kritik aus Kreisen der US–Regierung an den Zuständen in Panama spitzte sich in den letzten Tagen auf die Person Noriegas zu, während die zivilen Behörden und Präsident Erick Delvalle selbst weitgehend verschont blieben.

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