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Zivile Drohnen in DeutschlandDas Auge am Firmament

Bisher waren Polizeidrohnen nur beim Castor im Testeinsatz. Mit dem neuen Luftverkehrsgesetz könnte ein regulärer Einsatz von Drohnen bevorstehen.

CDU-Politiker Schünemann und die Polizeidrohne, die beim Castor im Einsatz war. Bild: dpa

FREIBURG/BERLIN taz | "Überwachungsdrohnen am deutschen Himmel wären ein rechtsstaatlicher Albtraum", warnt Wolfgang Neskovic, Rechtsexperte der Linken im Bundestag. Er protestiert gegen die geplante Aufwertung "unbemannter Luftfahrtsysteme" im Luftverkehrsrecht.

Anlass der Empörung ist ein Gesetzentwurf der Bundesregierung von Anfang Dezember. Damit sollen mehrere Bestimmungen im Luftverkehrsgesetz geändert werden - vor allem bei der Festlegung von Flughafengebühren. Nur zwei Paragrafen beschäftigen sich mit unbemannten Luftfahrtsystemen und führen sie als eigenständige Kategorie von Luftfahrzeugen ein - was die Voraussetzung weiterer Regelungen ist. So kann zum Beispiel der Verkehrsminister später per Verordnung die Zulassung bestimmter Drohnentypen regeln.

Für Aufsehen sorgte der Einsatz einer Polizeidrohne beim Castortransport 2010. Damals flog ein Flugkörper mit Propellern und einer Kamera über den Demonstranten. Angeblich habe es sich nur um einen Testeinsatz gehandelt, sagte das Innenministerium in Hannover. Es seien keine Demonstranten fotografiert worden, man habe mit der Drohne nur aus sechs bis 25 Metern Höhe kontrolliert, ob die Absperrungen der Polizei dicht sind. Laut FAZ wurden Drohnen inzwischen auch bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Hessen angeschafft.

Spezielle Regelungen erforderlich

Rechtlich gesehen gilt der Einsatz von Drohnen mit Kameras als Videoüberwachung. Diese ist heute schon zur Strafverfolgung, zur Gefahrenabwehr und zur Beobachtung von Demonstrationen unter unterschiedlichen Bedingungen erlaubt. Würde der Drohneneinsatz üblich, würden speziellere Regelungen erforderlich, vor allem zum Schutz von Unbeteiligten. Diese müssten dann in die Strafprozessordnung sowie die Polizei- und Versammlungsgesetze von Bund und Ländern eingefügt werden - nicht ins Luftverkehrsgesetz.

Als der Bundestag den aktuellen Gesetzentwurf vor Weihnachten behandelte, war deshalb auch nicht von Drohnen und Überwachung die Rede. Nur Daniela Ludwig (CSU) verwies auf ein offenbar wachsendes Interesse der Industrie: Dahinter stecke "ein nicht zu unterschätzender Markt, der in Deutschland, dem Erfinderland, auch Unterstützung von politischer Seite erwarten kann".

Wie viel staatliche Unterstützung der Entwicklung ziviler Drohnen zuteil wird, geht aus dem Bericht "Unbemannte Systeme" des Bundestagsbüros für Technikfolgenabschätzung vom Oktober hervor.

Laut Bericht fördert das Forschungsministerium mit insgesamt 5,9 Millionen Euro etwa die Projekte Airshield und Sogro zum Einsatz von Drohnen im Katastrophenfall. Airshield, entwickelt unter anderem von den Unis Dortmund, Siegen und Paderborn, der TU Berlin sowie dem Siegener Unternehmen Microdrones, soll Giftgaswolken erfassen. Sogro unter der Beteiligung des Deutschen Roten Kreuzes, Siemens und diverser Universitäten soll bei Massenunglücken die Übersicht liefern.

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17 Kommentare

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  • S
    Schnüffel-Merkel

    Na, der umfängliche Drohnen-Einsatz kommt doch der FDJ-Merkel sehr zupasse.

    Wenn noch veröffentlicht würde, wiewiet Merkel mit Horch-und-Guck zu DDR-Zeiten verbandelt war, wüsste man, weshalb Stasi 2.0 heute fröhliche Urständ' feiert und Merkel daran ihre helle Freude hat.

    Immerhin hat Frau Merkel in Dubna / Sowjetunion studiert - und nach Dubna zum Studium kam der DDR-Bürger / kam die DDR-Bürgerin nur, wenn er / sie lienientreu und tausendprozentig staatstreu war.

  • D
    Demoteilnehmer

    Leider irren sich die Autoren in ihrem ersten Satz. Denn Polizeidrohnen waren bisher nicht nur bei beim Castor im Testeinsatz, sondern beispielsweise auch bei den Gegendemonstrationen zu den sogenannten "Gedenkmärschen" der Nazis im Februar 2011 in Dresden.

     

    Ein Drohneneinsatz erfolgte hierbei am Nachmittag des 19. Februar am Blockadepunkt auf der Budapester Straße. Die Drohne näherte sich etwa bis auf 4-6 Meter an die Demonstrierenden, die dort trotz eisiger Kälte verharrten und sich mit mit heißen Getränken, Live-Musik aus dem Bühnenwagen und vielen Gesprächen die Zeit vertrieben.

     

    Welchen Zweck die Polizei mit ihrem Einsatz verfolgt hatte, war nicht erkennbar. Die anwesenden Polizisten, die die Straße gesperrt hatten, konnten zumindest leicht erkennen, dass von der Demonstration keinerlei Gefahr ausging, da offensichtlich eine volksfestähnliche Stimmung herrschte. So quittierten zahlreiche Teilnehmer die Beobachtung durch die Drohnen auch mit ironisch-freundlichem Winken und Grinsen in die Kamera.

     

    Für wie bescheuert das Innenministerium in Hannover den Souverän (oder sollte es besser heißen: ihre Untertanen?) hält, kann man an der Äußerung erkennen, dass die Polizeidrohne beim Drohneneinsatz anlässlich des Castortransports keine Demonstranten gefilmt haben soll. Diese Äußerung kann man gestrost als modernes Märchen bezeichnen. Denn weshalb sollte die Polizei gerade Skrupel beim Filmen haben, wenn sie an anderer Stelle ohne besondere Skrupel Menschen mit Knüppeln, Wasserwerfern und Pfefferspray traktiert?

     

    Vermutlich möchte auch die Dresdner Polizei uns Glauben machen, bei dem Drohneneinsatz habe es sich nur um einen Testeinsatz gehandelt, bei dem keine Bilder aufgezeichnet wurden. Auch die flächendeckende Handyüberwachung, die die TAZ in diesem Zusammenhang aufgedeckt hatte (https://www.taz.de/!73127/), ist aus dem Blickwinkel der Dresdner Justiz sicher nur eine Ungeschicklichkeit gewesen.

     

    Wir können also festhalten: Niemand hat die Absicht, einen Überwachungsstaat zu errichten.

  • D
    Diak

    Ganz neues Feld für Luftballonwettbewerbe, Gotcha-Flak und Laserpointer!

     

    Diak

  • W
    Webmarxist

    Nacktscanner,Trojaner,Überwachungskameras an öffentlichen Gebäuden und Plätzen und in Einkaufszentren und biometrischer Personalausweis und jetzt die Überwachungsdrohne. Der Staat wird immer mehr zum Überwachungsstaat, sieht alles und weiß alles über einen.

  • KK
    Karl Kraus

    Ein Markt. Aha. Na dann... Zahlt ja der Überwachte.

  • F
    Fehler

    Schon im ersten Satz scheint mir ein schlimmer Fehler zu sein.

     

    Aber schaut hier selbst http://linksunten.indymedia.org/de/node/26651

  • V
    Virgil

    Solche Drohnen hat die Polizei auch am 13. bzw. am 19. Februar 2011 in Dresden eingesetzt. Ich habe sie selbst vor dem Hauptbahnhof über der Demonstration gegen Nazis fliegen sehen.

  • WR
    Weiße Rose

    George Orwell hätte seine helle Freude an technischen Details - wie die Drohne - zur Totalüberwachung der Massen gehabt!

    Unvorstellbar, wie wir die Idee der Freiheit bald perfekt pervertiert haben...

  • H
    Hans

    Orwellsches Grauen! Aber ich finde auch schon private Drohnen mit Kameras problematisch.

     

    Noch eine Anmerkung für die Staatsorgane:

    Drohnen sind sehr leicht zu hacken!

  • K
    KFR

    Wär/war ja auch zu peinlich, wenn die USA verbotener-weise Kampf-Drohnen über der BRD eingesetzt hätten; auch google und den Medien dürfte damit erheblich für den letzten Blick ins Schlafzimmer geholfen sein.

  • V
    vic

    Drohnen- der feuchte Traum der Staatssicherheit.

    Was kommt noch, Selbstschussanlagen? Unbemannte Wasserwerfer? Robocops?

  • C
    Copieur

    Als ich in ihrem Land lebte fand ich das dauernde Drohnen der Polizeihubschrauber zunehmend unerträglich.

     

    Oft mehrmals jede Woche waren Polizeihubschrauber im Einsatz, bei quasi jeder Gelegenheit. Ist diese Gesellschaft so gewalttätig, dass z.B. eine Menge von Omas un Enkels, die an der ADFC-grosse Sternfahrt teilnehmen, Stundenlang aus der Luft überwacht werden müssen?

     

    Ist wirklich jeder Staatsbesucher so gefährdet, dass Maschinen bis spät in die Nacht fliegen müssen?

     

    Warum müssen GSG-Schwadrone Szenen aus "Apocalypse Now" über Berlin-Mitte nachahmen?

     

    Welche Gefahr für den Staat birgt sich in einer Ver.di Kundgebung?

     

    Noch dazu kamen alle anderen Flugzeuge (u.a. der ehem. Rosinenbomber, die Flugbereitschaft Frau Merkels und co., Verkehrsüberwachung, ADAC, neben dem "normalen" Fluglärm)? Was sieht die Polente eigentlich besser aus der Luft? Warum gibt es vergleichbare so selten Einsätze in meiner Heimatgrossstadt?

     

    Die Dronen würden zumindest den Lärmpegel mindern, obwohl die Gefahr besteht, dass die billigere Flugstunde noch mehr Einsätze künftig ermöglicht.

  • WW
    wo wart ihr

    in Dresden dieses jahr waren bereits auch Dronen im Einsatz

  • FM
    Firma ment

    Drohnen aka "GEZ-Copter" gab es schon Vermutungen, das damit das typisch blaustichige Farbspektrum illegaler (nicht angemeldeter) Fernseher gescannt wird. Fotografien braucht man dafür natürlich nichts.

    Auf Google-Map sieht man ja die Gebäude und parkende Autos und weiss, wo ein TV und wo nur ein paar Kühe stehen müssten.

     

    Interessant wäre das drohnenmäßige Abfahren von Straßen um z.b. umgeknickte Bäume nach den jährlich 2-5 Stürmen zu erfassen und die Feuerwehr zu schicken. Ebenso Überschwemmungen wären damit leichter erfassbar.

    Das man vom Handy aus umgeknickte Straßenschilder melden will, haben die online-Polizei-Wachen bisher wohl noch nicht mitbekommen. Sonst würde das mit HTML5 ganz anders aussehen und z.b. die GPS-Position FREIWILLIG abfragen. Gleiches für überfahrene Tiere, offenstehende Gullideckel und Tunnel-Türen usw. Da will man mal was melden aber keiner will es wissen.

    Und Sars-Lupe-Satellit von der Bundeswehr scheint für umgeknickte Bäume auch nicht zu taugen... .

    Oder um die Eisenbahn und speziell die Berliner S-Bahn zu warnen das drei nasse Blätter oder 5 Schneeflocken zusammengerottet auf der Strecke liegen wären Drohnen oder SARS-Lupe auch mal sinnvoll.

  • K
    Karl-Heinzelmann

    Nur zur Ergänzung:

    Auch in Dresden wurde eine Drohne am 13. Februar bei den Anti-Nazi-Demos diesen Jahres am Hauptbahnhof eingesetzt. Fraglich, ob das rechtens war.

  • FM
    Firma ment

    Drohnen aka "GEZ-Copter" gab es schon Vermutungen, das damit das typisch blaustichige Farbspektrum illegaler (nicht angemeldeter) Fernseher gescannt wird. Fotografien braucht man dafür natürlich nichts.

    Auf Google-Map sieht man ja die Gebäude und parkende Autos und weiss, wo ein TV und wo nur ein paar Kühe stehen müssten.

     

    Interessant wäre das drohnenmäßige Abfahren von Straßen um z.b. umgeknickte Bäume nach den jährlich 2-5 Stürmen zu erfassen und die Feuerwehr zu schicken. Ebenso Überschwemmungen wären damit leichter erfassbar.

    Das man vom Handy aus umgeknickte Straßenschilder melden will, haben die online-Polizei-Wachen bisher wohl noch nicht mitbekommen. Sonst würde das mit HTML5 ganz anders aussehen und z.b. die GPS-Position FREIWILLIG abfragen. Gleiches für überfahrene Tiere, offenstehende Gullideckel und Tunnel-Türen usw. Da will man mal was melden aber keiner will es wissen.

    Und Sars-Lupe-Satellit von der Bundeswehr scheint für umgeknickte Bäume auch nicht zu taugen... .

    Oder um die Eisenbahn und speziell die Berliner S-Bahn zu warnen das drei nasse Blätter oder 5 Schneeflocken zusammengerottet auf der Strecke liegen wären Drohnen oder SARS-Lupe auch mal sinnvoll.

  • FG
    Franz Gert

    Die Polizei setzte bei ihren Einsätzen am 13. Februar in Dresden auch Drohnen zur Beobachtung der Gegendemonstranten ein. Die Castordemo ist kein Einzelfall der Droheneinsätze in Deutschland