: Zivildienst als Lernfeld
■ betr.: "Knapp gegen die Zivis", "Bonn lehnt Zivildienst-Kompromiß ab", taz vom 6.10.90
betr.: „Knapp gegen die Zivis“, Bonn lehnt Zivildienst-Kompromiß ab“, taz vom 6.10.90
Die notwendige Diskussion um die Dauer des Zivildienstes hat den Blick verstellt auf eine noch wichtigere, welche die Inhalte im Auge hat:
Der Zivildienst, wie er gegenwärtig ausfällt, ist eingelassen in den Gedanken einer Gesamtverteidigung, wie er sich in Nato- und Bundeswehrplanungen äußert. Kommunikationsdefizite und mangelhafte Vorkenntnisse hinsichtlich komplexer Aufgaben prägen weithin den Alltag der Zivildienstleistenden. Eine Vorstellung von Zivildienst als Friedensdienst hingegen muß die Kriegsdienstverweigerung nicht nur zum Anlaß haben, sondern zum Inhalt einer sozio-kulturellen Tätigkeit werden lassen.
Veränderte Weltlage und gesellschaftlicher Wandel wirken auch auf den Zivildienst ein. Beide verschränken sich mit Notwendigkeiten zur kulturellen und politischen Weiterbildung, weil die Herausforderungen einer gemeinsamen Zukunft nach Deutung und Handlungskompetenz verlangen.
Mit seiner Öffnung zur Praxis der sozialen Bewegungen und zu Angeboten von Bildungs- und Weiterbildungsträgern muß aus dem Zivildienst ein Lernfeld für Verantwortungsbewußtsein, Kreativität und Engagement im Sinne der traditionellen Friedens-, Entwicklungs- und Gemeinschaftsdienste werden. Die vorläufige Reichweite dieser zu entfaltenden Idee endet nicht bei der Optimierung des Zivildienstes im hergebrachten Verständnis. Es geht vielmehr um ein Vorbild für gesellschaftliche Partizipation. Insofern kann der Zivildienst durchaus seinen Beitrag zur friedlichen Gestaltung der Welt leisten, wenn jetzt die politischen Weichen gestellt werden. André Beßler, Bremen
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