: Zinserhöhung
■ Mc Cash Flow
Alles war mehr oder weniger eitel Freude beim Weltwirtschafts-Gipfel in Toronto, doch die letzten wirtschaftspolitischen Abstimmungsgespräche wurden dann doch noch getrübt: von einem Wölkchen im Umfang von 0,25 Prozent. Um diesen Betrag nämlich wird die deutsche Bundesbank die Zinsen für Wertpapierpensionsgeschäfte erhöhen, was aufgrund von Indiskretionen früher als geplant durchsickerte und nicht nur an den Geld- und Devisenmärkten, sondern auch in Toronto für leichte Nervosität sorgte. Auch wenn Kanzler Kohl im Hinblick auf die Steuerreform betonte, sein Land hätte die konjunkturellen Hausaufgaben gemacht und die Zinserhöhung sei ein normaler Vorgang, der nicht im Widerspruch zu den Vereinbarungen der Siebener-Gruppe vom letzten Dezember stehe. Laut US- Finanzminister Baker besteht kein Anlaß zur Sorge, trotz des deutschen Zinssprungs hätten die Sieben die Inflationsgefahr im Griff. Dennoch wird die Verteuerung solcher Wertpapierpensionsgeschäfte, bei denen sich die Geldinstitute durch den Verkauf und - nach einer Frist von meist vier Wochen - Zurückkauf von Wertpapieren kurzfristig Liquidität beschaffen, als Indikator gesehen, denn dieser Soll-Zins für Bargeld beeinflußt, neben Lombard- und Diskontsatz, das Zinsniveau für kurzfristiges Kapital. Und steigende Zinsen, das heißt teures Geld, sind Gift für die Konjunktur - aber was will man machen? Bei der gegenwärtigen Schwäche der D-Mark am Devisenmarkt lagen Stützungsversuche an der Zinsfront ohnehin in der Luft, und einige Beobachter rechnen damit, daß die Bundesbank demnächst auch den Diskontsatz erhöhen wird. Für die ohnehin lauen Aktienbörsen in der Bundesrepublik ist so ein Ende der Flaute nicht abzusehen - mit der Erhöhung des Zinses gewinnen festverzinsliche Anlagen gegenüber den Aktien an Attraktivität. Entsprechend reagierten die Aktienbörsen am Montag mit einem Kursrückgang auf breiter Front. Schielte man auf dem deutschen Börsenparkett in der Vergangenheit auf den Dollar wie das Kaninchen auf die Schlange, hat man jetzt einen neuen Horror, die steigenden Zinsen, entdeckt. Der Dollar notierte Anfang der Woche auf einem Jahreshoch von 1,755 DM, die Aktienbörse sackte dennoch um knapp ein Prozent nach unten.
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