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Zimmermanns verlängerter Arm

Die unabhängige Regierungskommission zur Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt will hauptsächlich sogenannte politisch motivierte Gewalt bekämpfen / Schwind beklagt Forschungsdefizite  ■ Aus Bonn Oliver Tolmein

„Können Sie sich auch vorstellen, daß die Gewaltkommission auch empfiehlt, Gesetze wieder abzuschaffen?“ – „Selbstverständlich. Wir stellen alles auf den Prüfstand. Wir sind eine unabhängige Kommission.“

Professor Hans Dieter Schwind, Vorsitzender der Gewaltkommission, gab sich nach der ersten Sitzung der Kommission gestern nicht einmal Mühe, besonders geschickt zu lügen. Schon das endgültige Arbeitsprogramm der Kommission, deren 39 Mitglieder (37 Männer, zwei Frauen) im wesentlichen von Bundesinnenminister Zimmermann ausgewählt worden sind, dokumentiert deren wirkliches Anliegen: „Wir durchleuchten auch die Gesetze auf mögliche Lücken.“

Arbeitsschwerpunkt der Kommission, die ständig in acht Arbeitsgruppen und zwei Unterkommissionen tagt, ist die politisch motivierte Gewalt.

Nach dem ersten Arbeitsschritt, einer Analyse bisher dazu publizierter Schriften, sollen der Regierung nach zwölf Monaten „Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt“ vorgeschlagen werden. Professor Schwind kündigte auf der gestrigen Pressekonferenz auch an, daß er die Arbeit noch weiterführen möchte: es gebe erhebliche Forschungsdefizite in diesem Bereich, deswegen strebe er an, weitergehende empirische Arbeit zu leisten.

Auf ihrer ersten Sitzung, so Schwind, habe sich die Gewaltkommission vor allem mit der Interpretation des Regierungsauftrages befaßt. Einstimmig sei man zu dem Schluß gekommen, daß Gewalt „aus der Sicht des staatlichen Gewaltmonopols im Sinne von physischer Gewalt als nötigendem Zwang“ das eigentliche Thema sei.

Sie hätten nicht vor, eine neue Terrorismusanalyse zu entwickeln, wollten sich aber intensiv dem Phänomen der „Rekrutierung aus dem Kreis gewaltätiger Demonstranten“ widmen. Die Kommission will auf Erfahrungen ähnlicher Kommissionen, die bereits in Frankreich, Großbritannien und den USA gearbeitet haben, zurückgreifen.

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