Zentralregister für Neonazis: Auch Drahtzieher werden erfasst
Union und FDP haben sich auf ein neues nationales Neonaziregister geeinigt. Dort sollen auch Hintermänner und Finanziers gespeichert werden.
BERLIN taz | Die Regierung hat sich auf eine gemeinsame Datei der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern geeinigt, in der "gewaltbezogene Rechtsextremisten" erfasst werden.
Am Mittwoch will das Kabinett den Gesetzentwurf beschließen. Neben dem bereits im Dezember gestarteten Abwehrzentrum gegen Neonazis ist es das zweite Vorhaben, mit dem Schwarz-Gelb auf die über Jahre hinweg unentdeckte Mordserie der Zwickauer Terrorzelle reagiert. Eine ähnliche Datei wurde 2007 im Kampf gegen den islamistischen Terror eingerichtet.
Strittig war in den vergangenen Wochen zwischen CSU-geführtem Innenministerium und FDP-geführtem Justizministerium, wer alles in der Neonazidatei von Polizeibehörden und Geheimdiensten gespeichert werden soll. Die liberale Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger legte Wert darauf, keine "Gesinnungsdatei" zu schaffen, also nicht bereits braune Stammtischparolen-Drescher zu erfassen. Andererseits erschien es aber auch nicht sinnvoll, nur jene Rechtsextremen zu speichern, die schon Gewalttaten begangen haben.
In dem zwischen dem Innenressort und dem Justizressort abgestimmten Entwurf heißt es nun, dass auch jene Rechtsextremen erfasst werden sollen, die "Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer Belange unterstützen, vorbereiten oder durch ihre Tätigkeiten vorsätzlich hervorrufen". Damit werden laut Justizministerium die Hintermänner, Drahtzieher und Finanziers rechtsextremer Gewalt mit einbezogen.
Der jeweiligen Behörde, die in Zukunft Daten aus dem zentralen Neonaziregister abfragt, sollen allerdings nicht automatisch alle Informationen der anderen Sicherheitsbehörden zur Verfügung stehen. Lediglich grundlegende Angaben wie Name, Geburtsdatum, Adresse, Lichtbild und der Grund der Speicherung sollen von allen abrufbar sein. Alle weiteren Angaben muss die Behörde dort anfragen, wo sie gespeichert sind.
Nur im Rahmen zeitlich befristeter Rechercheprojekte der Sicherheitsbehörden - etwa um neonazistische Netzwerke aufzudecken - sollen die Daten über dieses Prozedere hinaus verknüpft und analysiert werden können.
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