Zentraler Test zur Kontrolle

■ „Schwachsinn“oder „notwendiger Schritt in eine Qualitätsdebatte“an Bremens Schulen: USUS, der Vergleichstest für alle SchülerInnen eines Jahrgangs, ist umstritten

ür Schülervertreter Jan Fries sind sie schlicht „schwachsinnig“, weil sie reines Faktenwissen abfragen. Die Sprecherin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Yasmina Wöbbekind, hält sie für „pädagogisch fragwürdig“und befürchtet ein unseriöses „Ranking von Schulen“als Ergebnis: Die von der Bremer Bildungsbehörde vorbereiteten flächendeckenden Vergleichstests für alle SchülerInnen der Jahrgangsstufen 4, 6 und 10 erregen die Gemüter in Bremens Schullandschaft. Und die sind nach dem Konflikt um die Arbeitszeiterhöhung für Lehrer ohnehin noch sehr aufgewühlt.

USUS (Untersuchung der Leistungen von Schülerinnen und Schülern) heißt das Projekt, bei dem an einem Tag im Januar sämtliche 1.500 SchülerInnen, die in Bremen einen Jahrgang besuchen, in einem zentralen Test ihre Kenntnisse in Mathematik, Deutsch und Englisch zu Papier bringen sollen. Für die Grundschüler der vierten Klassen hat man sich nach Protesten der Grundschulkonferenz auf ein Verfahren geeinigt, bei dem die Schulen ihre Tests selbst erarbeiten und ihre Ergebnisse an die Behörde melden. So soll berücksichtigt werden, daß es gerade in der Grundschule nicht nur um Wissensvermittlung geht, sondern auch soziales Verhalten und Lernfortschritte den Schulerfolg ausmachen.

Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) möchte mit USUS eine Debatte über die Qualität von Schule anstoßen. „Qualitätskontrolle des Unterrichts gehört laut Schulgesetz zu den Aufgaben der Schulen“, sagt ihre Sprecherin. Ziel sei letztlich, den verbreiteten Klagen der jeweils höheren Schulstufe über die Vorarbeiten der unteren Stufe zu begegnen. Denn allzuoft beschwerten sich etwa Lehrer der Sekundarstufe I, daß sie einen großen Teil des siebten Schuljahres beschäftigt seien, die Lücken aus der Grundschule zu stopfen und ihre Schützlinge auf einen halbwegs einheitlichen Wissensstand zu bringen. Ähnliche Klagen sind auch von Ausbildungsbetrieben oder Universitäten zu hören, deren Anforderungen in einer späteren Stufe des USUS-Projekts mit in den Vergleichstests berücksichtigt werden sollen. „Aber wir müssen ja erstmal mit einem überschaubaren Feld beginnen“, rechtfertigt Helge R. Meier aus der Schulinspektion, die bei USUS federführend ist, die Konzentration auf Wissensfragen in der ersten Stufe.

Die Ergebnisse der Tests sollen noch in den jeweiligen Schulen so anonymisiert werden, daß die Resultate nicht mehr auf einzelne Klassen oder SchülerInnen zurückverfolgt werden können. Sehr wohl sollen aber die Resultate der einzelnen Schulen in den Regionalkonferenzen verglichen werden. „Wenn es irgendwo besonders schlecht aussieht, müssen wir sehen, wie wir da fördern können“, sagt Behördensprecherin Erika Huxhold. Kritiker erwidern, daß der Förderbedarf etwa in Stadtteilen mit einem hohen Anteil an Ausländern schon jetzt bekannt sei, dennoch würden dafür Mittel gekürzt.

Was genau in den einzelnen Fächern und Alterstufen geprüft werden soll und welche Fragen geeignet sind, das Wissen der Schüler zu erfassen, darauf sollen sich zur Zeit Arbeitsgruppen für die einzelnen Fächer und Altersstufen einigen. Denn vorgegeben sind bisher nur die allgemeinen Anforderungen aus den Lehrplänen.

In jeder Arbeitsgruppe sitzen Vertreter aus der Lernplanung der Schulbehörde, Experten aus dem Wissenschaftlichen Institut für Schulpraxis, aus der Schulaufsicht und aus einzelnen Schulen. Man habe versucht, Beteiligte aus der Praxis miteinzubeziehen, weil ja eine Diskussion über die eigenen Standards der Lehrer losgetreten werden solle, begründet Behördensprecherin Erika Huxhold das aufwendige Verfahren. In Hamburg war man vor einem Jahr einen anderen Weg gegangen. Wissenschaftler hatten die Tests ausgearbeitet und die Ergebnisse analysiert (siehe Kasten). Viele Pädagogen hatten sich übergangen gefühlt.

Für Helge Meier aus der Schul-inspektion führt kein Weg an einer Debatte über die Qualität von Unterricht vorbei. Denn bei allen sozialpädagogischen Aufgaben, die Schule übernehmen soll, dürfe der Unterrichtsauftrag nicht vernachlässigt werden. „Es mag altmodisch klingen, aber Eltern erwarten von den Schulen, daß sie ihren Kindern die Kenntnisse vermitteln, mit denen sie im Berufsleben bestehen können“. Es könne bei den Tests aber auch herauskommen, daß die Lehrpläne hoffnungslos veraltet und unrealistisch seien.

Joachim Fahrun