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Zentrale Moskau muß entscheiden

■ Armenien stimmte für Angliederung Berg-Karabachs

Zentrale Moskau

muß entscheiden

Armenien stimmte für Angliederung Berg-Karabachs

Berlin (ap/rtr/taz) - Jetzt muß der Oberste Sowjet der gesamten UdSSR über die Zukunft der von Armeniern bewohnten aserbeidschanischen Region Berg-Karabach entscheiden. Denn mit dem nach zweistündiger Debatte beschlossenen Votum des Obersten Sowjet Armeniens für den Anschluß der Region an Armenien am Mittwoch und dem zu erwartenden gegenteiligen Votum des aserbeidschanischen Obersten Sowjet am Freitag hat sich ein schwerer Verfassungskonflikt entwickelt. Nach der sowjetischen Verfassung muß dieser nun in Moskau geschlichtet werden. Nach Artikel 78 können aber Territorialgrenzen nur mit Zustimmung der betroffenen Republik - also Aserbeidschan - geändert werden. Und daß die Vertreter dieser Republik dem Verlust von Berg-Karabach zustimmen werden, wird bisher von keinem Beobachter erwartet.

Wie die lokale „Armenpress“ meldete, fiel die Entscheidung in der armenischen Hauptstadt Eriwan einstimmig; damit hätten auch die Abgeordneten der in Armenien lebenden aserbeidschanischen Volksgruppe dem Anschluß Berg-Karabachs an Armenien zugestimmt. In der Resolution des armenischen Obersten Sowjet werden das sowjetische und aserbeidschanische Parlament aufgefordert, einem Transfer Berg-Karabachs nach Armenien formell zuzustimmen. Eine solche Resolution war bereits am 20. Februar vom Abgeordnetenrat der Autonomen Region verabschiedet, von Moskau jedoch mit dem Argument abgelehnt worden, dies könnte einen Präzedenzfall für weitere nationale Minderheiten in der UdSSR schaffen.

In Eriwan haben 150 bis 200 Studenten vor dem Opernhaus eine schon am 25.Mai begonnene Sitzdemonstration für den Anschluß Berg-Karabachs fortgesetzt. Drei befinden sich seit dem 4.6. im Hungerstreik.

In Aserbeidschan riegelte die Armee die armenischen Wohnviertel der Hauptstadt Baku ab, um neue Übergriffe auf Leib und Leben der armenischen Minderheit in der Stadt durch den Mob zu vermeiden. Bei einem Pogrom waren Ende Februar in der aserbeidschanischen Stadt Sumgait nach offiziellen Angaben 32 Menschen ermordet worden, armenische Quellen jedoch sprechen von mehreren hundert Toten.

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